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Keine Entscheidung ohne die Mieter

■ Kreuzberger Betroffenengremien stellen die Übergabe von 50 betriebseigenen Häusern an die GSW in Frage

„Keine Entscheidung vor Befragung der Mieter“, war der Minimalkonsens einer Veranstaltung aller Kreuzberger Betroffenengremien am Dienstag abend zur Übergabe der ca. 50 bezirkseigenen Häuser an die gemeinnützige GSW. Das Abgeordnetenhaus hatte dies noch für 1988 beschlossen - und zwar zum Nulltarif. Dies sei der erste Schritt zur späteren Privatisierung, womit man, so Andreas Steinert vom Stadtteilausschuß Kreuzberg 61, schon bei ehemaligen GEWOBAG -Häusern schlechte Erfahrungen gemacht habe, die heute meist teuer modernisiert oder aber vergammelt seien. Aber auch mit der jetzigen Verwaltung durch das CDU-geführte Kreuzberger Grundstücksamt ist kaum einer der Mieter zufrieden: Viele Häuser sind in schlechtem Zustand, Mieterhöhungen werden teils unberechtigt erhoben, Mängel nicht beseitigt.

Mehrere der Anwesenden plädierten dafür, die Häuser an Träger wie zum Beispiel Stattbau, an Selbsthilfeprojekte oder Mietergemeinschaften zu vergeben. Die Kreuzberger AL forderte wiederum, die Häuser beim Bezirk zu belassen und diesen mit genug Mitteln und Personal auszustatten. Dieser Ansicht war auch der Leiter des Hochbauamtes, Liebehenschel: Man habe in den letzten Jahren einzelne Häuser zur Zufriedenheit der Mieter mit Öffentlichen Geldern preiswert modernisiert. Der Verbleib beim Bezirk sei politisch nicht durchzusetzen, meinte dagegen Hajo Kohl von der Kreuzberger SPD. Der Vertrag zwischen GSW und dem Finanzsenator müsse ein Belegungsrecht des Bezirks wie auch soziale Mieten nach der Modernisierung festschreiben, statt, wie im jetzigen Vertragsentwurf, Modernisierung mit „Kapitalmarktmitteln“ innerhalb von zehn Jahren.

Die GSW werde den Status der Gemeinnützigkeit mit dem Inkrafttreten der Steuerreform am 1.1.1990 verlieren, und damit würden die Häuser automatisch privatisiert, erinnerte Reiner Wild vom Berliner Mieterverein. Die vom Mieterverein geforderte Hausbewirtschaftung durch ein „kommunales Sondervermögen“ lehnte Finanzsenator Rexrodt in einem Interview in der Kreuzberger 'Drucksache‘ ab. Die Überlassung einzelner Häuser an Kiezträger oder Mietergemeinschaften durch das Land Berlin werde es nicht geben.

esch

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