: Keine Chance für Frieden in Sri Lanka
■ Nachschub- und Fluchtwege für Tamilen-Guerilla im Norden abgeschnitten/ Militäroffensive oder Gespräche?
Neu Delhi (dpa) - In der srilankischen Hauptstadt Colombo diskutieren Politiker seit kurzem darüber, ob die Armee den tamilischen Separatisten im Norden der Insel nach mehreren Erfolgen nun den „Todesstoß“ versetzen oder doch noch mit ihnen verhandeln soll. Inzwischen fordert der „vergessene Krieg“ in den Dschungeln der Jaffna-Halbinsel immer mehr Opfer. Die Lage in den von den Rebellen noch gehaltenen Gebieten, darunter im Hauptort Jaffna, wird nach gleichlautenden Berichten von Augenzeugen immer katastrophaler.
Die Armee hat die Nachschubwege für die tamilischen LTTE-Rebellen fast vollständig abgeschnitten. Nach ihrem Sieg am Elefantenpaß vor einem Jahr konnte sie auch ihre Stützpunkte auf der Jaffna-Halbinsel selbst vergrößern. Die Jaffna vorgelagerten Inseln wurden ebenfalls von LTTE-Rebellen „gesäubert“, wie es in der Sprache der Militärs heißt.
Darüber hinaus sperrt die srilankische Marine inzwischen effektiv die Meerenge zwischen der Insel und Indien ab. Der Flucht- und Nachschubweg nach Südindien, wo die Mehrheit des Tamilenvolkes lebt, wird für die LTTE-Guerilla immer unerreichbarer. Seit Mai ist die LTTE in Südindien sogar eine verbotene Organisation, Indiens Regierung wirft ihr den Mord an Rajiv Gandhi im Mai 1991 vor.
Dennoch zögert Colombos Armee mit dem „Todesstoß“. Die Soldaten sind erschöpft vom Kämpfen in den Dschungeln des Nordens. Immer wieder schlägt die LTTE trotz aller Niederlagen zu und metzelt ganze Einheiten nieder. Nicht nur tamilische Zivilisten gehen angesichts der Bombenangriffe der Armee auf ihre Dörfer durch die Hölle, singhalesische Bauern, die die Armee angeblich schützt, trifft es genauso.
Der Bürgerkrieg wird mit unbeschreiblicher Grausamkeit auf beiden Seiten geführt. Die Leidtragenden sind die Zivilisten, in den vergangenen beiden Jahren forderte der Krieg nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen 20.000 Opfer.
Die Führung der Armee bezweifelt trotz aller Aufrüstung, die sie in den vergangenen Monaten erhielt, daß Jaffna, die Hochburg der LTTE, ohne ein riesiges Blutbad einzunehmen sein wird. Mehrere Zeitungen in Indien und Sri Lanka berichteten in den vergangenen Tagen, immer lauter dränge das Militär die Regierung, das Gespräch mit den Tamilen wieder aufzunehmen. Denn selbst wenn das erwartete Blutbad in Kauf genommen würde, zwei Millionen Tamilen im Norden wären selbst auf diese Weise nicht auf Dauer zu „befrieden“.
Doch die srilankische Regierung zögert. Jeder Versuch, eine föderalistische Lösung ins Gespräch zu bringen, wird im Parlament von singhalesischen Regierungs- und Oppositionsabgeordneten niedergeschrieen. Die Chauvinisten wollen den Endsieg über die verhaßte Tamilen- Guerilla.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen