: Keine Änderung des Asylrechts
■ Grüne, FDP und Lill lehnen Kudellas Vorstoß ab / Niedersachsen gegen Lafontaine
Gegen eine Verschärfung des Asylrechtes, wie sie am Mittwoch der Bremer CDU-Fraktionsvorsitzende Peter Kudella gefordert hat (vgl. taz vom 16.8), haben sich übereinstimmend Grüne, FDP und die Zentralstelle für die Integration zugewanderter Bürgerin
nen und Bürger gewehrt. Die Verbände lehnen es ab, Asylsuchende per Grundgesetzänderung und mit Hilfe eines zentralen Länderkanons bereits an der Grenze abzuweisen.
Der Grüne Abgeordnete Paul Tiefenbach stellte klar, daß die
Nationalitätenfrage kein Kriterium für die Ablehnung eines Asylsuchenden sei. Das Recht auf die Überprüfung jedes Einzelfalles müsse bewahrt werden. „Das Grundgesetz ist keine beliebige Loseblattsammlung, an der nach Herzenlust herumgebastelt werden kann“ reagierte der Grüne auf die Vorschläge der CDU.
Auch von der FDP handelte sich die Christdemokraten einen Anpfiff ein. Der liberale Bundestagsabgeordnete Manfred Richter (auf dem Vereinigungsparteitag seiner Partei am Wochenende übrigens in den ersten Gesamtdeutschen Parteivorstand gewählt) erklärte: „Wer das Grundrecht auf Asyl unter Gesetzesvorbehalt stellt und damit die Asylanträge von Menschen aus festgelegten Ländern gar nicht mehr der Einzelprüfung unterzieht, verwischt das Grundrecht in seinem Kern element, das einen individuell nachprüfbaren Anspruch gewährt.“
Dagmar Lill, Leiterin der Zentralstelle für die Integration von zugewanderten Bürgerinnen und Bürgern, hält den CDU
Vorschlag für einen „von Wahlkampfmotiven getragenen, opportunistischen Akt“. Kudella schüre mit seinem Vorstoß Fremdenangst und Fremdenfeindlichkeit, eine sachliche Diskussion über die Weiterentwicklung des Asylrechtes bliebe dabei auf der Strecke.
Kudellas großes Vorbild bei der Asylrechtsänderung, der Saarländische Ministerpräsident Oskar Lafontaine, ist mittlerweile auch bei seinen niedersächsischen Parteigenossen in Ungnade gefallen. Innenminister Gerhard Glogowski (SPD) bezweifelte gestern in Hannover, ob als Reaktion auf den wachsenden Asylbewerberandrang ein Gesetzesvorbehalt im Asylgrundrecht gerechtfertigt sei.
Auch der niedersächsische Minister für Bundesangelegenheiten, Jürgen Trittin (Grüne), lehnte die Pläne Lafontaines kategorisch ab. Trittin forderte stattdessen ein festes Einwanderungskontingent, mit dem sich Einwanderungswillige in der Bundesrepublik niederlassen könnten. ma
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