: Kein Wasser auf den heißen Stein
In Berlin sind nicht nur die Gaspreise, sondern auch die Wassergebühren teurer als anderswo. Nur weshalb? Wegen der Auslandsgeschäfte der Wasserbetriebe? Oder wegen der Kapitalentnahme des Senats? ■ Von Karen Wientgen
Der Weg der Berliner Wasserbetriebe (BWB) führt nach oben, zumindest bei den Preisen. Das Monopolunternehmen in öffentlicher Hand nimmt mit 8,30 Mark pro Kubikmeter bundesweit die höchsten Preise. Das geht aus einer Studie der Hauseigentümervereinigung Grund und Boden hervor. Seit der Wende sind die Westberliner Preise um mehr als 100 Prozent gestiegen. Um weitere 14 Prozent sollen die Tarife zur Jahrtausendwende in die Höhe klettern, wie interne Papiere vorsehen.
Ihre Gebührenpolitik brachte den BWB in der letzten Zeit viel Kritik und einen verlorenen Prozeß ein. Die Wasserbetriebe hätten schlecht gewirtschaftet, sagt beispielsweise der PDS-Fraktionsvorsitzende Harald Wolf. „Ohne Preiserhöhungen wären sie schon längst im Defizit.“ Eine Reihe „verlustbringender Beteiligungen“ habe sich negativ auf das Betriebsergebnis ausgewirkt.
Vor drei Jahren sind die BWB zu einer beispiellosen Expansion durchgestartet. Bisheriges Ergebnis: rund acht Beteiligungen im In- und Ausland. 1995 kauften die Wasserbetriebe für 300 Millionen Mark die „Schwarze Pumpe“, ein Sekundärrohstoff-Verwertungszentrum nahe Cottbus, das Abfallstoffe entsorgt und Synthesegas herstellt. In diesem Jahr reihte die BWB für 140 Millionen Mark die Essener SHW Höter Wassertechnik GmbH, Erbauerin und Betreiberin von Kläranlagen, in die große Töchterschar ein. Außerdem sind die BWB an mehreren Wasser- und Klärwerken in Brandenburg beteiligt. Doch auch Deutschland ist zu klein. Die Wasserbetriebe drängt es ins Ausland. Hundert Millionen ließen man es sich kosten, um auch bei drei Kläranlagen in Polen und Ungarn Miteigentümer zu werden. In Istanbul, Baku und Moskau mischten die Wasserbetriebe als Berater mit.
Bislang haben die Töchter viele Investitionen gekostet, doch der Mutter wenig eingebracht. Die Schwarze Pumpe, größte der BWB-Töchter und im letzten Jahr Empfängerin von über zweihundert Millionen Mark, schreibt nach Angaben der BWB eine schwarze Null. Erst für 2001 wird mit einem nennenswerten Gewinn gerechnet.
Die BWB bestreitet, daß ihre Unternehmenskäufe schuld an den hohen Preisen seien oder gar zu einem Preisanstieg führen würden .„Die Beteiligungen haben nichts mit den Wasserbetrieben zu tun, das wird alles durch Bankkredite finanziert“, erklärt der BWB-Sprecher Stephan Natz. Das vielfältige Engagement der BWB solle „sich ja gerade rechnen“, ergänzt die Wirtschaftssenatsverwaltung. Sprecher Michael Wehran: Letzten Endes sollen dadurch die Wassergebühren sogar „entlastet“ werden. Zu dem Gang „auf neue Geschäftsfelder“ sehen sich die BWB „gezwungen“, da der Berliner Wasserverbrauch zurückgeht und „möglichst viele Mitarbeiter behalten werden sollen“. Die Wasserbetriebe reichen den Schwarzen Peter weiter. Schuld an den Preisen ist in ihren Augen erstens die historische Situation. Seit der Wende mußten die BWB nach eigenen Angaben mit über vier Milliarden Mark die maroden Ostberliner Wasser- und Klärwerke aufpeppeln. Zweitens ist in den Augen der BWB der Berliner Senat der Verantwortliche, da die Politiker auch die Wasserbetriebe melken, um das Haushaltsloch zu stopfen. Eine Milliarde entnahm die Finanzsenatorin im Sommer aus dem Stammkapital der Wasserbetriebe. Zwei weitere Milliarden sind schon für den nächsten Haushalt eingeplant. Nicht nur bei den Wasserbetrieben sorgte dies für Empörung. Außerdem müssen die BWB dem Senat jedes Jahr eine Rendite auf ihr Stammkapital zahlen. 180.000 Mark sind das jeweils in den nächsten Jahren. Zuviel, finden die BWB und weigern sich jetzt, die Summe für 1997 zu überweisen. Fugmann-Heesing will notfalls rechtlich gegen die BWB vorgehen. Daß Elmar Pieroth als Wirtschaftssenator im Senat mitwirkt, gleichzeitig aber auch als Aufsichtsratsvorsitzender die Geschicke der BWB lenkt, spitzt die Situation noch mal zu.
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