: Kein Verfahren gegen Staatsrat Hoffmann
■ Chef der Senatskanzlei wird trotz „haushaltsrechtlicher und beamtenrechtlicher Verstöße“ nicht belangt“
Reinhard Hoffmann (SPD), Chef der Senatskanzlei, hat Glück gehabt. Der ehemalige Kultur-Staatsrat muß wegen seiner Finanzgebaren im Rahmen der Ausstellung „Peter der Große“ kein Disziplinarverfahren fürchten. Grund: Disziplinarrechtliche Verstöße verjähren nach drei Jahren. Das hat der Rechnungshof jetzt dem Rechnungsprüfungsausschuß mitgeteilt. Bei der Opposition hat das für Empörung gesorgt. „Wir werden uns damit nicht zufrieden geben“, kündigte Andreas Lojewski, Fraktionssprecher der Wählergemeinschaft Arbeit für Bremen (AfB) an. „Es geht hier nicht um Disziplinarrecht oder Verjährung, sondern um die Sache an sich. Wir haben das in der Fraktion zwar noch nicht besprochen, aber ich denke, wir werden alle parlamentarischen Instrumente ausschöpfen, zur Not auch das schärfste – den Untersuchungsausschuß. Wir wollen genau wissen, was damals los war.“
Damals – im Sommer 1991 – hatte das Übersee-Museum rund zwölf Wochen die Türen zur Schatzkammer Peter des Großen geöffnet: 1.200.000 Besucher drückten sich an den Vitrinen die Nasen platt und bestaunten die brokatenen Gewänder, Ritterrüstungen und potzblitzende Diamantenhauben des Zaren. Doch nicht alles, was glänzt, ist Gold: Die Ausstellung, die als „haushaltsneutrale“ Veranstaltung geplant war, machte alles inklusive 3,1 Millionen Mark Miese.
Mitverantwortlich für dieses finanzielle Desaster: Reinhard Hoffmann, seinerzeit Staatsrat im Kultur-Ressort. Im September 1990 schloß er mit den Staatlichen Museen des Moskauer Kreml eigenmächtig den Ausstellungsvertrag ab. Er bescherte Bremen damit Rechtsverpflichtungen in Millionen-Höhe – und zwar ohne den Segen des Senats oder des Parlaments. Hoffmann beantragte außerdem in Bonn Zuschüsse für die defizitäre Ausstellung. Dem Senat verschwieg er allerdings, daß die Ausstellung auf diese Weise eine Millionen Mark kosten würde (der Bund rechnete mit einem Defizit von zwei Millionen - Bremen sollte eine Million tragen). Der Rechnungshof rügte Hoffmanns Gebahren – die Senatskommission für das Personalwesen (SKP) überprüfte die Angelegenheit. Ergebnis: „Objektiv und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch subjektiv“ habe Hoffmann Verstöße gegen „haushaltsrechtliche“ und „beamtenrechtliche“ Vorschriften begangen. Der „Verdacht eines Dienstvergehens“ läge vor.
Der Vermerk ist bis heute geheime Verschlußsache. Die Kulturbehörde stellte schon während der Ampel-Regierung klar, daß Hoffmann disziplinarrechtlich nicht belangt werden würde. Ex-Finanzsenator Manfred Fluß (SPD) verwahrte die Akte „Hoffmann“ im Panzerschrank. Nach der Wahl übergab er sie seinem Nachfolger Ulrich Nölle (CDU). Im Sommer bekräftigte auch die Große Koaltion, daß sie Hoffmann nicht belangen wolle. Der Rechnungsprü-fungsausschuß forderte das Papier jetzt vergeblich an. Bürgermeister Henning Scherf (SPD) stellt sich vor Hoffmann. „Das sind Personalakten, die können nicht an die Öffentlichkeit gegeben werden.“
„Das ist geradezu absurd“, findet Manfred Schramm (Grüne), Mitglied des Rechnungsprüfungsausschusses. „Ausschüsse sind doch dazu da, haushaltsrechtliche Verstöße aufzuklären und dazu dient auch der Vermerk. Ich habe den Eindruck, daß hier gemauert werden soll.“ kes
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen