: Kein Spielgeld mehr
■ Auf der Suche nach dem 5. Frauenhaus
Er wolle sich für ihre Belange einsetzen, versicherte Bürgermeister Henning Voscherau am Mittwoch. Zum zweiten Mal war ihm die Initiative für ein 5. Frauenhaus im Rathaus auf die Pelle gerückt. Seit drei Jahren steht es im Haushaltsplan der Hansestadt. Seitdem sucht der Verein nach einem geeigneten Objekt – nun ist es in greifbarer Nähe, doch jetzt ist angeblich kein Geld mehr da. Letzte Hoffnung für die Frauen: Die SPD-Klausurtagung zum Haushalt 1994 an diesem Wochenende.
Vor drei Wochen hatten rund 30 Frauen der Initiative im Foyer des Rathauses kräftig Lärm geschlagen. 150 Plätze können die autonomen Häuser mißhandelten Frauen derzeit bieten. Doch das reicht schon lange nicht mehr aus: Schon seit langem chronisch überbelegt, müssen die vier Frauenhäuser inzwischen rund 50 Prozent der hilfesuchenden Frauen an Häuser im Umland weiterverweisen. Auf diesen unerträglichen Verschiebebahnhof wiesen die 16 BesucherInnen den Bürgermeister am Mittwoch nochmals ausdrücklich hin.
Fest steht: Vor der Verabschiedung des Haushalts –94 Ende April wird es für den Kauf des Hauses keine Zusage mehr geben. Doch die Initiative fürchtet, daß angesichts des Sparhaushaltes die benötigten 1,9 Millionen Mark gänzlich gekippt werden. „Dann wäre das Projekt endgültig gestorben“, so Frauenhaus-Mitarbeiterin Gabi Müller. Der Bürgermeister habe ihnen jedoch versichert, daß nach seiner Ansicht in diesem Bereich keinesfalls gespart werden dürfe. Auch die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Angelika Grosse, habe ihnen versprochen, sich auf der Klausurtagung an diesem Wochenende für das Geld einzusetzen. Ob sie sich aber durchsetzen kann, ist fraglich. Denn die Genossen haben derzeit, anders als in der Vergangenheit, kein „Spielgeld“ mehr zu verteilen. Statt dessen wird die SPD-Fraktion am Sonntag nach der Tagung erläutern, wo sie einzusparen oder zuzubuttern gedenkt. Dann zeigt sich der Stellenwert der Frauenpolitik. sako
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