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„Kein Platz für eine kapitalistische DDR“

Berlin (ap) - Die DDR kann sich nach Auffassung der SED das Risiko von politischen Reformen wie in anderen Ostblockländern nicht leisten, weil dies ihre Existenz bedrohen könnte. In einem Vortrag in Radio DDR sagte der SED -Ideologe Otto Reinhold: „Welche Existenzberechtigung sollte eine kapitalistische DDR neben einer kapitalistischen Bundesrepublik haben? Natürlich keine.“ In der DDR sei daher kein Platz für ein „leichtfertiges Spiel mit dem Sozialismus, mit der sozialistischen Staatsmacht“.

Reinhold, Mitglied des SED-Zentralkomitees und Direktor der Akademie für Gesellschaftswissenschaften der SED, sagte, im Westen gebe es Hoffnungen, die DDR liquidieren zu können. Die DDR könne aber nur als „antifaschistischer und sozialistischer Staat“ existieren, was die westlichen Angriffe auf sie „sehr wesentlich“ bestimme. Die Frage nach der „sozialistischen Identitiät“ der DDR mache zugleich „einen prinzipiellen Unterschied zwischen der DDR und anderen sozialistischen Ländern“ deutlich. Alle anderen Länder des Ostens hätten „bereits vor ihrer sozialistischen Umgestaltung als Staaten mit kapitalistischer oder halbfeudaler Ordnung bestanden“. Ihre Staatlichkeit sei daher „nicht in erster Linie von der gesellschaftlichen Ordnung abhängig“. Die „imperialistischen Gegner“ hofften nun, die „tiefgreifenden Wandlungsprozesse in der Welt des Sozialismus“ zu nutzen, um die Gesellschaften „in irgendeine Form bürgerlicher Ordnung zu drängen“. Reinhold fügte hinzu: „Wie sich in einigen Ländern zeigt, sind ihre Hoffnungen nicht völlig auf Sand gebaut.“ Bei einer ähnlichen Entwicklung in der DDR würden sich „damit fast automatisch neue Möglichkeiten ergeben, die DDR zu annektieren, sie heim ins Reich zu führen“.

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