Kommentar: Kein Ozon-Ticket
■ Masochismus: Bremer wollen leiden
Bremen ist nicht Paris. Während die Nahverkehrsbetriebe an der Seine ihre Fahrpreise im letzten Sommer halbiert haben, um Autoverkehr und Ozon zu verringern, rufen solche Vorstöße an der Weser nur Kopfschütteln hervor. Dabei steht fest, daß Autos schuld sind am Bodenozon. Ihre stickoxid- und kohlenwasserstoffhaltigen Abgase verwandeln sich bei starker Sonne und Wärme in Ozon. Ab 180 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft müssen die Kommunen ihre hitzegeplagten BürgerInnen vor Sommersmog und sportlichen Ausdauerleistungen im Freien warnen. Konsequenz? Für Kopfschmerz, Atembeschwerden und Hustenreiz gibt es endlich eine Erklärung. Irreparable Lungenschäden bei Kindern sind kein Thema.
Erst ab 240 mg wird der Ernst der Lage spürbar. Nach dem Ozongesetz der Bundesregierung kann ein teilweises Fahrverbot, ab 280 mg ein totales Fahrverbot verhängt werden. Ob das nützt? Als im Mai 1995 der Ozonwert in Bremen auf 215 mg anstieg, hielt sich auf den Straßen und Autobahnen kein Mensch an die Geschwindigkeitsbegrenzungen. Ökosteuer, Drei-Liter-Auto, attraktiver Nahverkehr? Iwo. Nach einer Ende Juli veröffentlichten Studie sind die gesundheitlichen Gefahren angeblich sowieso nur halb so schlimm. „Nur“ die Hälfte aller Kinder und Astmatiker bekommen Atembeschwerden. Wenn's weiter nichts ist. Bremer leiden, weil sie es nicht anders wollen. Bremen ist halt nicht Paris. Kerstin Schneider
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