Kein Lebenszeichen von Menschenrechtler: Die Kanzlerin soll helfen
Seit einem Monat wird Ismail Abdi in Syrien festgehalten, obwohl er deutscher Staatsbürger ist. Seine Tochter bangt um sein Leben – und verlangt Hilfe von der Kanzlerin.
BERLIN taz | Vor mehr als einem Monat wurde der in Kiel lebende Menschenrechtler Ismail Abdi in Syrien festgenommen. Bis heute hat das Auswärtige Amt keine Auskunft von den syrischen Behörden bekommen, wo der 50-jährige Deutsche festgehalten wird, wie ein Sprecher am Wochenende sagte. „Wir wissen noch nicht mal, ob er überhaupt noch am Leben ist“, sagte Abdis Tochter Farah der taz. Nach Angaben der Marburger Pharmaziestudentin leidet ihr Vater an schwerem Asthma und sei dringend auf seine Medikamente angewiesen.
Für diesen Montagmorgen hat Farah Abdi zusammen mit Menschenrechtsorganisationen eine Demonstration vor der syrischen Botschaft in Berlin organisiert. Volker Beck, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, fordert Außenminister Guido Westerwelle (FDP) auf, sich in dem Fall stärker einzusetzen als bisher. „Man muss sich um ihn große Sorgen machen“, sagte Beck der taz.
Ismail Abdi wurde am 23. August beim Versuch der Ausreise am Flughafen in Aleppo festgenommen. Er habe in seinem Geburtsland Syrien seine im Sterben liegende Mutter besuchen wollen und sich wegen seiner deutschen Staatsbürgerschaft sicher gewähnt, sagt Abdis Tochter. Syrien entlässt allerdings grundsätzlich niemanden aus der Staatsbürgerschaft des Landes. Für die syrischen Behörden ist Ismail Abdi weiter Syrer, weshalb sie nun offenbar auch Deutschland konsularischen Zugang verwehren.
Der Jurist Abdi ist nach Angaben seiner Familie vor 13 Jahren nach Deutschland geflüchtet, 2006 wurde er eingebürgert. Abdi ist kurdischer Herkunft und engagierte sich im „Komitee zur Verteidigung der demokratischen Freiheiten und der Menschenrechte in Syrien“ (CDF). Erst in diesem Frühjahr veröffentlichte er die Namen von 590 Menschen, die in Syrien willkürlich verhaftet oder gefoltert worden sein sollen.
Tochter Farah Abdi hat in ihrer Verzweiflung einen Brief an Angela Merkel geschrieben. Sie bittet die Kanzlerin, „sich persönlich für seine Freilassung einzusetzen und ihm zu seinem Recht auf konsularische Betreuung zu verhelfen“. Es sei bekannt, „dass die syrische Regierung Misshandlung und Folter gegenüber politischen Gefangenen nicht scheut und alle erdenkbaren Mittel einsetzt, um physischen und psychischen Schaden bei den Dissidenten anzurichten“.
Laut einem Bericht von Amnesty International vom April dieses Jahres sind Folter und Misshandlungen von politischen Gefangenen in Syrien nach wie vor „üblich und weit verbreitet“.
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