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Kein Knastfest mit dem Pastor

■ Anstaltsgeistlicher gegen „Sommerfest“ im Oslebshauser Knast /„Luxusliner mit Bordfest“

Wir könnten doch im Knast ein richtiges „Sommerfest“ feiern, fand die Redaktion der Knast-Zeitung 'Diskus‘, die mit viel Engagement, wechselnder Besetzung und wenig Erfahrung Witziges, Ernstes, Nachdenkliches und Polemisches über Vollzugsthemen schreibt. Und 'Diskus‘ dachte sich ein Konzept aus, wann, wo wie das Fest starten könnte, und schickte das Ganze Ende Mai an den Anstaltsleiter Hans -Henning Hoff. Der Knackpunkt: Die Häftlinge finden: Eine Party nur mit Knackis ist keine. Zusammen mit

Ehefrauen, Lebensgefährtinnen und Gästen von „draußen“ zu feiern, das fänden sie am schönsten.

Im Juli bekam Hoff dann einen zweiten, gepfefferten Brief, der der taz vorliegt. Geschrieben von Pastor Orlamünder, dem evangelischer Anstaltsgeistlichen. Der hatte sich zu Recht darüber geärgert, daß 'Diskus‘ gegenüber Hoff fälschlich behauptet hatte, „beide Kirchen“, also auch Pstor Orlamünder, würden die Festidee unterstützen. „Dreiste Unwahrheit“, schrieb Orlamünder prompt an den Knastchef, „ich

spreche als Kenner dieser Anstalt und ihrer wirklichen Probleme meine Bedenken gegen eine solche Planung aus“. Orlamünder, eigentlich zuständig für die Probleme der Gefangenen, fürchtet, am Schluß werde „die Bevölkerung“ fragen, ob „wir denn ein Luxus-Liner seien, der durch Bordfeste seine Gäste bei Stimmung halten muß, damit sie ja wieder buchen“. Für ein Fest muß auch Geld aufgetrieben werden. Der Pastor dachte sich richtig in die Seelen der ihm Anvertrauten hinein und fand: „Hier ist leider

wieder die Konsum- und Anspruchsmentalität im Hintergrund, die viele zu ihren Straftaten geführt hat und der sie auch während ihrer Inhaftierung leben wollen.“ Was ein Fest ist, weiß der Pastor genau: Da gibt es dann eine „laute Masse“ und vor allem „Durcheinander“. Und der Gefangene erwartet „die Gestaltung freier Zeit wiederum von anderen“. Und erst der Besuch! Der wird doch bestimmt „dieses und jenes mitschleppen“ - vermutlich Rauschgift. Am Schluß des Geistlichen-Briefes fragt sich Orlamünder, warum die Diskus -Redaktion, „gewisse Leute“, die auch noch die „Privilegien der freien 'Presse‘ genießen“, mit „einem solchen Blatt durch Jahrzehnte auch noch finanziert“ werden.

Der Anstaltsleiter und frühere Staatsanwalt Hans-Henning Hoff erklärte gestern gegenüber der taz: „Ein Sommerfest, wie die Redaktion des Diskus es bisher

vorgeschlagen hat, wird nicht stattfinden, insbesondere, weil die Gefahr des Einschmuggelns von Drogen durch externe Besucher zu groß ist.“ Zu den im Strafvollzugsgesetz verankerten Grundsätzen, so Hoff, gehörten aber auch „gemeinsame Veranstaltungen, nicht nur Einzelbehandlungen“: „Es gehört zu unserer Verpflichtung, die Gefangenen mit Verantwortung zu belegen, damit sie selbst etwas auf die Beine stellen, und sie auch an der Organisation zu beteiligen.“

Über ein knastinternes Fest werde in der Justizbehörde derzeit nachgedacht. In Oslebs sitzen 370 männliche und 13 weibliche Gefangene ein. Hoff: „Wahrscheinlich dürfen alle teilnehmen, auch die Frauen.“ Er sei grundsätzlich dagegen, die Frauen auszuschließen. Übrigens: In Hamburg startet am 25. August zum 18. Mal das jährliche Sommerfest. Susanne Paa

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