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■ Pujols Rückzug erzwingt baldige Neuwahlen in SpanienKein Halten mehr

Erstaunlich ist eigentlich nicht, daß er geht, sondern eher, daß er so lange geblieben ist, der Jordi Pujol. Schon nach den letzten Parlamentswahlen im vergangenen Jahr hatte sich der katalanische Landesfürst lange bitten lassen, ehe er seine Parteienkoalition Convergencia i Unio erneut an den sinkenden Stern der spanischen Sozialisten band. Er erneuerte denn auch seine Koalitionsaussage nicht und gab sich nur als verläßlicher Bündnispartner. Die sozialistische Partei PSOE, die damals schon angeschlagen war, ist seither unaufhaltsam einen steilen Berg hinabgerutscht, und bei den Kommunalwahlen im vergangenen Mai wurde sie sogar – ein Novum in der spanischen Geschichte – von der rechten „Volkspartei“ PP überrundet.

Wenn Pujol dem angeschlagenen González dennoch die Treue hielt, dann wohl einerseits, weil einem angeschlagenen Partner mehr abzutrotzen ist und Pujol für Mehrheiten notwendig war. Pujol genoß eine Art FDP-Effekt in der spanischen Regierung: Seine politische Stärke als Zünglein an der Waage war viel größer als seine zahlenmäßige Stärke im Parlament. Andererseits galt es, rechtzeitig Autonomie durchzusetzen angesichts eines absehbaren baldigen Wahlsiegs der rechten Volkspartei. Die frißt zwar seit einigen Jahren fleißig Kreide, doch in Katalonien hat man ein gutes Gedächtnis für rechte Zentralisierungswünsche und hütet sich weiterhin.

Pujol verläßt die Regierung just, wenn Angeklagte im Falle Staatsterrorismus GAL erneut aussagen und erstmalig ehemalige sozialistische Minister belasten. In dieser Situation, in der es kein Halten und Bremsen mehr zu geben scheint, nicht einmal mehr für diejenigen, die bis jetzt zum Schweigen verpflichtet werden konnten, hat er wohl das Gefühl bekommen, daß die Talfahrt nicht mehr zu stoppen ist. Er versucht nun, gerade noch rechtzeitig abzuspringen, ehe auch die CiU mit in den Abgrund gerissen wird. Die Stimmengewinne der rechten PP bei den Kommunalwahlen in Katalonien mögen ihm eine Warnung gewesen sein.

Nun geht es eigentlich nur noch darum, das Datum für die Parlamentswahlen auszuhandeln. Der Sieger wird aller Wahrscheinlichkeit nach Jose Maria Aznar heißen. Der sich immer siegessicher gebende González hat bereits angekündigt, nach einem Verlust der Wahlen Oppositionsführer werden zu wollen. Und dann? Die junge spanische Demokratie steht vor einem Scherbenhaufen. Daß es dem Schnauzbart Aznar gelingen wird, den Glauben der Spanier in die Institutionen erneut zu wecken, darf bezweifelt werden. Ein schwieriges Szenario, das Spanien vor sich hat. Antje Bauer

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