: Kein Geld für S-Bahn ins Umland
■ Weil 1,3 Milliarden Mark fehlen, verschieben Bonn und Berlin den Ausbau dreier S-Bahn-Strecken nach Brandenburg auf unabsehbare Zeit. Verkehrsminister plädiert für Großflughafen Schönefeld
Es bleibt getrennt, was zusammengehört. Der Bau dreier S-Bahn-Linien zwischen Berlin und Brandenburg wird auf ungewisse Zeit verschoben. Eigentlich sollten die Schienenstränge bis zum Jahr 2000 eingeweiht werden – ob sie jemals in Betrieb gehen, ist nun völlig ungewiß. Das räumte gestern erstmalig Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) bei einer Pressekonferenz zum „Verkehrsknoten Berlin“ ein. Den Ausbau des S-Bahn-Netzes nach der Jahrtausendwende zu finanzieren, sei „schwierig“, so Wissmann. Den Sparmaßnahmen zum Opfer fallen die geplanten Verbindungen zwischen Hennigsdorf und Velten im Norden, Spandau und Falkensee im Westen, sowie Lichterfelde-Süd und Teltow.
Während die teuren Verkehrsprojekte des neuen Lehrter Hauptbahnhofs und des Tiergartentunnels mit Hochdruck durchgezogen werden, fehlen für die S-Bahn nach dem Jahr 2000 rund 1,3 Milliarden Mark, erklärte der Minister. Um Geld zu sparen, zögert der Bund einen Teil seiner Investitionen hinaus. Und 1995 zweigte der Berliner Senat 650 Millionen aus der S-Bahn-Finanzierung ab, um sie in die Straßen- und U-Bahn-Tunnel unter dem Regierungsviertel zu pumpen. Petra Reetz, die Sprecherin des Berliner Verkehrssenators, tröstet sich damit, daß immerhin die innerstädtischen S-Bahn- Strecken für rund 2,2 Milliarden Mark wieder auf den Stand von 1961 gebracht würden. Doch auch die S-Bahn-Sanierung innerhalb Berlins dauert länger als ursprünglich geplant. Statt 1996 soll der Nordring von Westend bis Schönhauser Allee erst 2000 wieder befahrbar sein. Die Strecken nach Hennigsdorf, Lichterfelde-Süd und Spandau will man spätestens 1999 fertigstellen. Dort enden sie dann aber. Wer ins Brandenburger Umland reisen möchte, bleibt auf den langsamen Regionalverkehr der Bahn angewiesen.
Im Hinblick auf den Großflughafen Berlin-Brandenburg rechnet Verkehrsminister Wissmann mit einer Standortentscheidung des Aufsichtsrats der Flughafen-Holding für den 24. Juni. Wissmann setzte sich für Schönefeld ein, weil das Firmenkonsortium, das diesen Flugplatz privat finanzieren will, kaum öffentliche Subventionen beansprucht. Für die Deutsche Bank und den Baukonzern Holzmann, die den Großflughafen in Sperenberg 60 Kilometer südlich Berlins bauen wollen, hatte Wissmann dagegen nur Spott übrig. Angesichts der notwendigen Staatszuschüsse von über fünf Milliarden Mark sagte er: „Ein schönes Privatisierungskonzept. Das kann man billiger machen.“
Für weitere Diskussionen wird die Magnetschwebebahn sorgen. Während Wissmann und die Bahn AG den Transrapid im Lehrter Bahnhof enden lassen wollen, befürwortet der Senat die südliche Endstation an der Papestraße. Dies hätte den Vorteil, daß die Schwebebahn zum Großflughafen verlängert werden könnte, ohne später neue Tunnel unter dem Tiergarten graben zu müssen. Hannes Koch
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