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Kein Döner Kebap

■ Internationale Kulturtage im Lagerhaus setzten auf Streit

Auf Döner Kebap und Bauchtanz läßt sich türkische und kurdische Kultur nicht reduzieren. Wer mit türkischen und kurdischen Gruppen zu tun hat, der weiß das. Leichtentzündlich wird das Gemisch, wenn die beiden Kulturen aufeinandertreffen. Der sozio-kulturelle Künstler Uli Pollkläsener vom Lagerhaus: „Wir sind seit Jahren im Haus mit den beiden Gruppen konfrontiert, versuchen aber, die Konflikte nicht hochzukochen.“

Umso spannender, daß man beim den „Internationalen Kulturtagen“, die heute im Lagerhaus beginnen und bis zum 17. Dezember dauern, auf ein konfrontatives Programm gesetzt hat. „Wir wollten den interkulturellen Gedanken herausstreichen. Sonst gibt's ja überall multikulturelle Tage ohne Ende, man kann es ja schon nicht mehr hören.“ Das Resultat, statt zusammengerührtem Labskaus klare Strukturen, die Konfliktparteien begegnen sich auf der Bühne: „Auf Kurdisches folgt Türkisches, auf Israelisches dann Arabisches. Im Programm sollen die gegensätzlichen Positionen einen Dialog führen. Schließlich haben wir auch hier im Hause die konkurrierenden Gruppen, wie den kurdischen Kulturverein KOMKA, der hier seine Kulturarbeit macht, und gegenüber tagt der türkischen Jungendverein“ erläutert Pollkläsener das Konzept, an dem Lagerhaus und DAB (Dachverband der Ausländer-Kulturvereine in Bremen) beteiligt sind.

Für einen mitreißenden Auftakt (1.12., 20 Uhr) wird die heimische Klezmer-Gruppe „Tacheles“ sorgen. Die gefühlsintensiven Rhythmen mit dem sehnsuchtsvoll klagenden Unterton – Klezmer steht eigentlich für die Hochzeitsmusik der Juden Osteuropas, und Tacheles bedeutet auf Jiddisch soviel wie, „Klartext reden“ – werden von dem bremischen Quintett um Iwan Josefovics gefiedelt. Anschließend bilden die indische Gruppe „Kalpana“ und orientalische Musik von „Prashanti Rai“ aus dem arabischen Raum den Gegenpol.

Richtig spannend wird es im Lagerhaus dann (am 3. 12., 20 Uhr und 4.12. um 16 Uhr), wenn mit Shiwan Perwer die „Stimme Kurdistans“ zu hören ist. Der Sänger traute sich als erster bereits 1975, Lieder in seiner Heimat Türkisch-Kurdistan auf Kurdisch zu singen. Er lebte ab 1976 im skandinavischen Exil, die Gefahr war in der Heimat zu groß geworden. Am folgenden Wochenende (9.12., 20 Uhr), erzählt der türkische Liedermacher Fuat Saka in seinen Texten vom Leben im Exil und dem schweren Weg der ArbeitsmigrantInnen.

Den letzten Schwerpunkt der „Internationalen Kulturtage“ bilden neben kurdischem Theater aus Köln, „Botan“ (11.12. 16 Uhr), und afrikanischem Tanz, „Makumba“ (10.12. 20 Uhr), auch eine Modenschau afrikanischer Gewänder und Trachten. Spätestens dann hat das Programm nicht nur einen Austausch der Kulturen, sondern auch einen Mix der Medien erzielt. Dabei wollte man doch nur ganz schlicht gute Musik hören und feiern. Oder wie Uli Pollkläsener es nennt, „den atmosphärischen Ausdruck der Gemeinsamkeit“ finden.

Damit das Festival so kurz vor Weihnachten nicht ganz in Friede- Freude-Eierkuchen versinkt, hat man noch einen besonderes warmen Platz vorbereitet, die Diskussion mit Helga Trüpel läuft unter dem Titel: „Heißer Stuhl“, KIOTO, im Lagerhaus am 15.12., um 20 Uhr. rau

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