piwik no script img

Kaum Widerstand gegen Verkauf oder Verpachtung

■ Die polnischen Arbeiter auf dem deutsch-polnischen Hof in Wirów sind zufrieden

Die Arbeiterinnen und Arbeiter, die in einem landwirtschaftlichen Betrieb in Wirów angestellt sind, sind ausgesprochen zufrieden. Sie haben Arbeit, verdienen gut und lernen neue Methoden in der Landwirtschaft kennen. Das Land liegt nicht brach, die Ernte dürfte ausgezeichnet werden, die Gebäude, die sonst schon längst zu Ruinen geworden wären, wurden renoviert.

Der Hof gehört einem deutsch- polnischen Ehepaar. Empört sind die polnischen Arbeiter, die in Wirów angestellt sind (die Ortschaft gehört verwaltungsmäßig zur Gemeinde Gryfino, unmittelbar an der deutsch-polnischen Grenze), dagegen darüber, daß der Verkauf des landwirtschaftlichen Betriebes an das deutsch-polnische Paar einen solchen Aufruhr verursacht hat.

Sie glauben, daß die ganze Affäre von Aktivisten der Stettiner Bauernpartei PSL, der ehemaligen „Blockflöte“ der Vor-Wende- Zeit, ausgelöst wurde, die häufig populistische Töne anschlägt. Vor allem von dem kürzlich entlassenen Vorsitzenden dieser Partei in der Wojewodschaft Szczecin (Stettin). „Vielleicht gibt es irgendwelche rechtlichen Probleme, das weiß ich nicht“, kommentiert ein ranghohes Mitglied der Regionalregierung, der allerdings nicht genannt werden will.

Im Augenblick fällt es eher schwer zu sagen, welche Reaktion die Verpachtung des Besitzes in Trzyglów (Triglaff bei Gryfice), früher Familienbesitz der von Thadden, an einen Deutschen bei der Bevölkerung auslösen wird. Die Sache ist ganz neu. Mit Rücksicht auf die Verwaltungsstruktur wurde die Transaktion nicht von der Stettiner, sondern von der Warschauer „Staatlichen Landwirtschafts-Agentur“ durchgeführt. Es handelt sich in diesem Fall um 1.200 Hektar landwirtschaftlicher Fläche und einen herrschaftlichen Gutshof.

Gewöhnlich gut informierte Beobachter behaupten, daß sich gegen diese Verpachtung auch die Familie von Bismarck ausgesprochen hat. Diese hat im übrigen mit Hilfe der in Stettin registrierten Stiftung „Europea Pomerania“ selbst ihren Familiensitz in dem naheliegenden Kulice (Külz) wiederaufgebaut und kommt dort mit den Dorfbewohnern anscheinend sehr gut aus. Genausowenig gibt es Widerspruch gegen die Verpachtung von 100 Hektar Land in der Ortschaft Metno, Gemeinde Chojna, an ein deutsch-polnisches Ehepaar aus Berlin. Dort soll eine polnisch- deutsche Sommerhaus-Siedlung entstehen. Ausgesprochen schlecht aufgenommen wird hingegen, daß in der Minderheitenzeitung Neue Kolberger Zeitung die Deutschen dazu aufgerufen werden, sich um den Kauf polnischen Grund und Bodens verstärkt zu bemühen.

In der Stettiner Wojewodschaft gibt es heute keine ernsthaften antideutschen Stimmungen im Zusammenhang mit dem Verkauf von Grund und Boden an die Ausländer.

Das heißt allerdings nicht, daß das auch in naher Zukunft so bleiben wird. Die Bauernpartei PSL ist in letzter Zeit immer stärker geworden, und das Problem der Arbeitslosigkeit in den Dörfern, die früher zu den Staatsgütern gehörten, ist nach wie vor weitgehend ungelöst. Bogdan Twardochleb

Der Autor ist Redakteur bei der in Szczecin erscheinenden Tageszeitung „Kurier Szczeciński“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen