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Kauft Reemtsma die Hafenstraße?

■ In einem Brief an den Hamburger Bürgermeister macht der Mäzen Jan Philipp Reemtsma ein Angebot zur „Entstaatlichung“ des Konflikts um die ehemals besetzten Häuser / Dohnanyi will ihn am Freitag treffen

Aus Hamburg Ute Scheub

Zuerst war es nur ein Gerücht, das bei Bewohnern der Hafenstraße und auch in Teilen der SPD positive Resonanz fand. Nun hat der Zigaretten–Erbe und Mäzen vieler linker und sozialkritischer Projekte, Jan Philipp Reemtsma, in einem Brief an den Hamburger Bürgermeister Dohnanyi bestätigt, daß er sich vorstellen könne, die stadteigenen, vom Abriß bedrohten Häuser zu kaufen. „Wiewohl ich mich eigentlich weder berufen noch aufgefordert fühle, privat ein Problem zu lösen, das eigentlich ein öffentliches ist“, schreibt er, „bleibt natürlich das Faktum bestehen, daß ein entscheidender Schritt zur Lösung des Problems getan ist, wenn die Konfrontation der Bewohner der Hafenstraße mit dem Staat nicht mehr existiert. Eine Privatisierung im juristischen Sinne würde dies zunächst erreichen.“ Deswegen stünde er „zu einem Gespräch über diese Variante zur Verfügung“. Die Häuser werden von der stadteigenen Wohnungsbaugesellschaft SAGA verwaltet, die zahllose Räumungsklagen gegen die Bewohner angestrengt hat und immer wieder „Begehungen“ der bereits geräumten Wohnungen veranstaltet, zumeist mit großem Polizeiaufgebot. Nach dem Willen des Senats sollen alle Gebäude bis auf zwei einer „Renomiermeile“ am Hafenrand weichen und abgerissen werden. Eine Alternativlösung, nämlich die Privatisierung und Selbstverwaltung der Häuser, sowie die Errichtung von autonomen Werkstätten für Arbeitslose und der Aufbau von kulturellen Einrichtungen, hat eine siebenköpfige „Vermittlergruppe“ vorgeschlagen, der auch Reemtsma zeitweilig angehörte. In seinem gestern formulierten Antwortbrief lud Bürgermeister Klaus von Dohnanyi Reemtsma zu einem Gesprächstermin am morgigen Freitag ein. Er habe seine Vorschläge „mit Interesse“ zur Kenntnis genommen und sei „gerne bereit“, darüber zu reden und „damit gründliche Beratungen einzuleiten“. „Die bestehenden Probleme werden sicher nicht kurzerhand gelöst werden können“, schrieb er aber auch. Aus der Sicht der Stadt (der Bürger und des Senats) muß es darauf ankommen, daß die Bewohner des Stadtteils die Stadtentwicklung in ihrer Region mittragen können und daß von der Hafenstraße keine Gewalt und keine Straftaten mehr ausgehen. Deshalb sollte jeder realistische Weg, der zu diesem Ziel führen kann, beschritten werden.“

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