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Katja Leyrer

■ betr.: "Weibliche Gehorsamsübungen", taz vom 23.4.90

betr.: „Weibliche Gehorsamsübungen“, taz vom 23.4.90

Wie ein roter Faden zieht sich durch Katja Leyrers Aufsatz die Formel, die Welt sei „nicht einfach gewickelt“, als wollte die Autorin beschwören, sie selbst dächte nicht auch einfach gestrickt, als wollte sie davon ablenken, daß sie es tut.

Denn aus ihren Äußerungen geht hervor, daß sie doch anscheinend wissen will, in einer „freien“ (daß es „Freiheit“ nie geben kann, vielmehr nur ein Bewußtsein von den Abhängkeiten, ist doch eigentlich ein marxistischer „linker“ Grundsatz!) Gesellschaft gäbe es (sexuelle) Gewaltphantasien, -wünsche etc. nicht mehr und Frauen (und Männer?), die solche Wünsche äußern, „verfälschen“ in jedem Fall die Kritik an der patriarchalen Gesellschaft. Woher nimmt Leyrer solche Gewißheiten?

Solange „wahre“ Linke in der Äußerung jener Wünsche nur „Tabubruch um jeden Preis“ und Schlimmeres sehen können soviel Richtiges daran auch ist! - sehe ich schwarz dafür, eine wirklich ehrliche, wirklich kritische „feministische Ethik“ zu erreichen. (Wie wär's, wenn Du Dir mal Gedanken über 'ne „wirklich ehrliche, wirklich kritische „maskuline Ethik“ machen würdest? Daran scheint's mir auch nach mehreren tausend Jahren Patriarchat noch zu hapern! d.sin)

(Sexuelle) „Freiheit“ darf natürlich nicht darin bestehen, „alles machen“, „alle Tabus brechen“ zu dürfen, sondern muß heißen, bewußt mit seinen Wünschen umgehen zu lernen, zu dürfen, völlig gleich, welcher Art sie sind; alles andere fördert Perversionen (im Sinn von Haß und Verdrängung). Doch mit Bewußtwerdungsprozessen und deren unbestreitbaren! - „Auswüchsen“ wirklich aufklärend und anders als ängstlich, bremsend, abwehrend bis strafend umzugehen, damit haben „wahre“ Linke eben noch immer Probleme, und dann wagen sie es auch noch, mit Fingern auf die zu zeigen, deren Wünsche „unkontrolliert durchbrechen“ als gingen diese Linken selbst damit sehr viel konstruktiver um als die „VerräterInnen“.

Lothar M. Riemenschneider, Hamburg

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