: Katheter hinterfragen
■ Auch in Bremer Pflegeheimen könnte die Qualität der Pflege besser sein / AOK-Fachmann erklärt Situation aus Kassensicht
In rund zwei Drittel der niedersächsischen Pflegeheime lässt die Qualität zu wünschen übrig, berichtete die taz gestern. Wie ist die Situation in Bremen? Uwe Schneider, bei der AOK im Land Bremen zuständig für den Bereich Pflege und Krankenhäuser, gibt Auskunft.
taz: In Niedersachsen geben sich die Pflegekassen „bestürzt“ über das Ergebnis der Studie, die die Qualität in den Pflegeheimen untersuchte. Lassen sich die Ergebnisse auf Bremen übertragen?
Uwe Schneider: Wir haben im Land Bremen 76 vollstationäre Pflegeheime mit insgesamt 4.883 Plätzen. Rund 40 Heime sind bis jetzt auf ihre Qualität geprüft. Ich würde die Ergebnisse nicht ganz so dramatisch darstellen wie in Niedersachsen. Bei 35 wurden Mängel festgestellt.
Mängel welcher Art?
Vor allem geht es um zu verbessernde Pflegedokumentation, um Fortbildung, um Pflegeplanung, aber auch um fehlende Anamnese, also Dokumentation der Krankengeschichte der Patienten. Bei rund einem Drittel der Heime, bei denen Defizite festgestellt wurden, waren es allerdings auch Defizite in der pflegerischen Versorgung.
Was für Defizite konkret?
Sie sind wesentlich bei der Decubitus-Prophylaxe und -Therapie vorhanden, sprich dabei, wie die Patienten gelagert werden und wie oft ihre Position verändert wird, damit sie sich nicht wundliegen. Defizite gibt es auch bei der aktivierenden Pflege, die den Menschen mobilisieren und seine noch vorhandenen Fähigkeiten erhalten soll. Die Flüssigkeitsbilanzierung fehlt oft, muss dann schnellstmöglich eingeführt werden. Denn ein stimmiger Flüssigkeitshaushalt ist die Voraussetzung für die Aufrecht-erhaltung der Körperfunktionen. Mehrfach werden Katheter gelegt, natürlich durch Ärzte. Aber die Heime könnten sich bemühen, Katheterisierungen aus pflegerischer Sicht zu hinterfragen. Schließlich gibt es Mängel in der Kommunikation.
Liegenlassen, Katheter, nicht aktivieren – all das sind ja Dinge, für die das Personal mehr arbeiten müsste als bisher. Brauchen die Heime mehr Personal?
Erstmal würde ich sagen, es ist eine Milchmädchenrechnung zu glauben, die Pflegekräfte hätten es so leichter. Denn durch diese Mängel ergeben sich Probleme, die im Nachhinein viel schwieriger in den Griff zu bekommen sind. Ich würde nicht sagen, dass Personal fehlt. Sondern dass es oft nicht optimal eingesetzt ist. Wenn solche Mängel auftreten, liegt es oft an den Leitungspositionen. Mit ihnen steht und fällt die Qualität. Zum einen in fachlicher Hinsicht, zum anderen aber auch bei der Motivation der Mitarbeiter. Wirklich schwierig ist es – Beispiel Pflegedokumentation – Mitarbeitern, die schon sehr lange in bestehenden Strukturen arbeiten, neue Strukturen so nahe zu bringen, dass sie das auch leben.
Dennoch: Ist das nicht auch eine Sache der Finanzierung?
Wir als Pflegekassen haben sicherzustellen, dass die Qualität gewährleistet wird. Wenn ein Heim mit seiner jetzigen Vergütung – dem Geld, das es von den Kassen und dem Sozialhilfeträger bekommt – die geforderte Qualität nicht sicherstellen kann, muss man über die Vergütung reden. Wenn man sich die Vergütung im Land Bremen im Vergleich zu anderen Bundesländern ansieht, bewegen wir uns auf einem eher hohen Niveau. Von daher denke ich, dass es in den meisten Fällen wirklich darum geht, das vorhandene Personal möglichst effizient einzusetzen.
Fragen: Susanne Gieffers
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