: Katerstimmung, nüchtern betrachtet
War es bisher schon äußerst schwierig, einen Schriftführer für die Arbeit am täglichen taz-Artikel zu finden, scheint dies heute morgen fast unmöglich zu sein. Wölli und Campino liegen immer noch im Bett und sind weiterhin nicht ansprechbar. Trini machte sich unter fadenscheinigen Vorwänden in Richtung Verona aus dem Staub, angeblich, um „dringend etwas zu erledigen“. Kuddel ist schon den ganzen Morgen nirgends zu finden. Nach drei Turnierwochen sind Auflösungserscheinungen unübersehbar.
Nachdem mit Kamerun die letzte fußballspielende Mannschaft ausgeschieden ist, haben wir bis tief in die Nacht unseren Kummer im Grappa ertränkt. Die Katerstimmung ist aber nicht nur auf die Nachwirkungen des Alkohols zurückzuführen, denn nüchtern betrachtet entwickelt sich diese WM immer mehr zu einer herben Enttäuschung. Taktik, Mafia und „Cleverness“ setzen sich auch diesmal gegen Spielwitz und Originalität durch. Schlappe Spiele, wenig Tore und dürftige Leistungen der hochgehandelten Stars prägen das Bild dieser WM, während wirkliche Persönlichkeiten wie Valderrama, Higuita oder Milla die letzten Entscheidungen nur noch im Fernsehen miterleben können.
Trotzdem werden wir das Turnier bis zum bitteren Ende durchstehen. Ausgestattet mit Kamerun-T-Shirts, Costa Rica -Schals und Brasilien-Fähnchen werden wir uns gleich auf den Weg zum Halbfinale nach Neapel machen.
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