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Kassation von DDR-Urteilen

■ Ein Viertel der untersuchten Fälle in Mecklenburg-Vorpommern zieht Gnadenverfahren nach sich/ „Keiner wird mehr unrechtmäßig einsitzen“

Schwerin. Ein Viertel der vom Überprüfungsausschuß für Strafurteile der ehemaligen DDR-Gerichte untersuchten Fälle in Mecklenburg- Vorpommern soll ein Kassations- oder Gnadenverfahren nach sich ziehen. Dies erklärte gestern der Justizminister des Landes, Ulrich Born, in Schwerin vor der Presse.

216 Anträge auf Urteilsüberprüfung waren dem unabhängigen Ausschuß im nördlichsten der neuen Bundesländer eingegangen, der laut Volkskammer-Beschluß der ehemaligen DDR im November vergangenen Jahres berufen wurde. Die drei Mitglieder des Ausschusses haben bis Mitte Mai dieses Jahres alle betroffenen Strafgefangenen angehört, von denen rund die Hälfte in der Bützower Haftanstalt einsitzt. Als Schwerpunkte der Untersuchungen nannte Ausschußvorsitzender Karl- Otto Ovens Fälle, bei denen Jugendliche im Alter von 18 bis 21 Jahren — nach Bundesrecht treten für diese „Heranwachsenden“ Jugendhöchstgrenzen von zehn Jahren Haft in Kraft — für schwere Gewaltverbrechen auf „lebenslänglich“ verurteilt worden sind.

Bei der Überprüfung ebenfalls vorrangig behandelt wurden solche Antragsteller, die ihre Straftaten in bestimmter Notlage oder unter starkem Alkoholeinfluß begingen und denen nach heute gültigem Bundesrecht ein zu hohes Strafmaß zugedacht wurde. Weiterhin wurden Gefangene bevorzugt, die zu DDR-Zeiten „politisch motiviert“ verurteilt worden sind, so Ovens.

„Der Unterschied zwischen dem früheren Unrechtsstaat und einem Rechtsstaat wird im Strafvollzug besonders sichtbar“, so Justizminister Born. Er verwies auf „reine Willkür“ und „Unberechenbarkeit“ in diesem Bereich zu DDR-Zeiten. Wo diese Willkür „besonders kraß“ zu Tage getreten sei, habe der Untersuchungsausschuß die Betroffenen noch vor Durchführung der Kassationsverfahren „in den Urlaub“ geschickt. In allen 216 untersuchten Fällen beriet der Ausschuß die Strafgefangenen ausführlich in Rechtsfragen und leitete gegebenenfalls Resozialisierungsmaßnahmen für eine spätere Entlassung ein.

Für 41 Gefangene wurden bei der Staatsanwaltschaft oder beim Justizminister Kassations- oder Gnadenverfahren empfohlen, in zehn Fällen plädierte der Ausschuß für Bewährung und baldige Strafentlassung. Bei nahezu 150 Urteilen wurde die Höhe des Strafmaßes als rechtmäßig anerkannt. adn

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