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Karneval der Schweißkulturen

Unter Hinrennern (2): Der zweitschwitzendste Mann der Welt wird ins Abseits geschickt

Der Samstag vor Pfingsten war der heißeste 10. Juni in Berlin seit 124 Jahren, und das hätte dem zweitschwitzendsten Mann der Welt eine Warnung sein sollen. Dennoch muss er am Sonntag hinrennen zum „Karneval der Kulturen“. Zwar sind ihm Menschenmassen, Krachmusik und Enge ein Gräuel, aber den zweitschwitzendsten Mann der Welt zieht es immer wieder an die schamlosesten, lautesten und vor allem heißesten Orte. Dorthin, wo die Hinrenner unterwegs sind. An die engste Stelle Kreuzbergs. Tausende quälten sich an seinem Platz vorbei. Und prompt fließt der Schweiß. Die Perlen auf der Stirn bilden zwei Rinnsale, die sich am Kinn zu einem Wasserfall vereinigen. Unter den Armen entfalten sich texanische Satteltaschen, das Hemd ist eine Fjordenlandschaft und auf dem Rücken liegt der Stille Ozean. Karneval der Schweißkulturen. Verzweifelt hält der zweitschwitzendste Mann der Welt die Arme rechtwinklig vom Körper, was ihn wie einen Sheriff aussehen und wie Don Mocko riechen lässt. Einziger Vorteil: Ein bisschen Platz ist gewonnen.

„Ich will nur mal kurz hier durch“, bahnt sich eine junge Dame den Weg durch die Menge und landet vor dem zweitschwitzendsten Mann der Welt. Doch hier ist tatsächlich kein Durchkommen. „Es geht hier nicht weiter“, bekundet er der Frau der neuen Mitte, die ihn jetzt angewidert betrachtet: „Du gehörst nicht hierhin, du gehörst nach Mallorca.“ Vor so viel Mallorca-Verachtung muss der zweitschwitzendste Mann der Welt kapitulieren und trollt sich. Schon ist der Regen zu riechen, der die Hinrenner-Kultur wegspülen wird. „Ich konnte den Regen riechen“, schreibt Mickey Spillane in seinem Roman „Ich, der Rächer“: „Es war die Art Regen, der über den geordneten Betonmassen hing, bis er mit Staub und Deck vollgesogen war, und wenn er dann fiel, war es kein Regen mehr, sondern der Schweiß der Stadt.“ MIR

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