: Kandidat gegen chilenische Diktatur
■ Christdemokrat Aylwin vom Oppositionsbündnis für Präsidentschaftswahlen nominiert / Angehörige der politischen Gefangenen fordern Freilassung der Häftlinge ins Wahlprogramm
Santiago (afp) - Die Opposition in Chile hat den Vorsitzenden der Christdemokraten, Patricio Aylwin, zu ihrem gemeinsamen Kandidaten bei der Präsidentschaftswahl am 14.Dezember nominiert. Vertreter der 17 Mitgliedsparteien des Bündnisses gegen die Militärdiktatur riefen Aylwin am Donnerstag abend nach einem Treffen in Santiago einstimmig zum Bewerber aus. Der Christdemokratenchef, der in den letzten Monaten zugleich Sprecher des Oppositionsbündnisses war, setzte sich erwartungsgemäß gegen die Anwärter der radikalen Partei, Enrique Silva Cimma, der Sozialdemokraten, Eugenio Velasco, und den Unabhängigen, Alejandro Hales, durch.
Vor dem Sitz des Oppositionsbündnisses begrüßten mehrere Hunderte die Nominierung Aylwins mit Siegesparolen. In einer improvisierten Ansprache zum Schluß des Treffens rief Aylwin die Chilenen auf, in der Wahl am 14.Dezember die „Demokratie“ zurückzuerobern. Sein künftiges Kabinett aus Vertretern aller politischen Richtungen in der Opposition werde „eine Regierung der effektiven Teilhabe aller“ sein. Seine Hauptsorge werde der Verbesserung der sozialen Lage der ärmsten Bevölkerungsschichten gelten. Vor der Nominierungsversammlung besetzten Angehörige politischer Gefangener überraschend das Tagungsgebäude. In einem Gespräch mit Aylwin verlangten sie, die Forderung nach Freilassung aller 450 politischen Häftlinge ins Wahlprogramm der Opposition aufzunehmen. Der heute 70jährige Aylwin gehört zur alten Garde chilenischer Politiker. Vor dem Militärputsch vom September 1973 war er Senatspräsident. Seine Bewerbung stieß vor allem in Kreisen der Linken auf Bedenken, die ihm die alte politische Gegnerschaft nicht vergessen hatte. „Für uns ist er kein idealer Politiker, aber wir werden seiner Kandidatur keine Hindernisse in den Weg legen“, formulierte KP-Generalsekretär Volodia Teitelboim das Einverständnis. Die Diktatur hat ihren Kandidaten noch nicht nominiert.
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