: Kandidat Mirow überrascht: SPD mit Schlagkraft
Hamburgs Sozis wollen Schulsenator entlassen, mehr Kita-Plätze, Lehrer und ein Beschäftigungsprogramm. Gegenfinanzierung durch Stellenabbau
Die Hamburger SPD will 18.000 zusätzliche Kita-Plätze schaffen, 400 neue Lehrer-Stellen und ein Beschäftigungsprogramm für 4.000 Langzeitarbeitslose auflegen. Auf ihrer Klausurtagung am Wochenende in Schneverdingen dachte sich die Fraktion eine Gegenfinanzierung dieses 170 Millionen Euro teuren Pakets aus, sie beschloss ein selbstkritisches Eckpunktepapier zur Verkehrspolitik und kündigte an, sie werde die Entlassung des unfähigen Schulsenators Rudolf Lange (FDP) fordern.
Der künftige Spitzenkandidat, Ex-Senator Thomas Mirow, der an der Klausur teilgenommen hatte, gab sich zufrieden. Die Fraktion habe „erhebliche Fortschritte im Bewusstsein der eigenen Schlagkraft gemacht“. Mirow will sich besonders vom Senat vernachlässigten Gruppen widmen, etwa der Kirche und den Künstlern, und bis zur Wahl alle 104 Stadtteile besuchen.
Fraktionschef Walter Zuckerer machte Senator Lange nicht nur verantwortlich für das Chaos an den Schulen und das Kita-Desaster. Obendrein sei dieser ein schlechter Sportsenator, weil „an unseren Schulen der Sportunterricht weitgehend zum Erliegen gekommen ist“. Über den Abwahlantrag wird die Bürgerschaft wohl erst am 26. November abstimmen können.
Der haushaltspolitische Sprecher Werner Dobritz prognostizierte Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU), er werde sein Ziel, bis 2003 strukturell 255 Millionen Euro zu sparen, nicht erreichen. Bisher habe Peiner erst 145 Millionen gestrichen, „und die werden durch die Pleite im Kita-Bereich noch geringer ausfallen“, sagte Dobritz. Mit dem Kauf von Beiersdorf-Aktien, mit dem der Senat den Unternehmenssitz in Hamburg halten wollte, drohten Kursverluste von mehreren Hundert Millionen Euro.
Ihre Programme für Kitas, Schulen und Arbeitslose will die SPD durch anstehende Bundesratsinitiativen finanzieren, die zusätzliche Einnahmen bringen und für niedrigere Ausgaben sorgen sollen, etwa die Weiterentwicklung der Gewerbesteuer und das Zusammenlegen von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Dobritz kündigte einen Masterplan an, der dafür sorgen soll, dass die 12.000 Stellen, die in den kommenden zehn Jahren im öffentlichen Dienst frei werden, wegfallen können. Überdies will er öffentliche Projekte durch private Investoren finanzieren lassen. Der Bau etwa der Hafenquerspange würde dann von deren Benutzern refinanziert.
Ihre Verkehrspolitik gelobte die SPD künftig besser zu verkaufen und schneller umzusetzen. Die „Anti-Auto-Rhetorik“ von Rot-Grün sei ein Fehler gewesen. Überdies habe man sich mit dem Verkehrsentwicklungsplan und vielen Straßenbauprojekten zu viel Zeit gelassen. Um eine Verkehrspolitik aus einem Guss machen zu können, will sie prüfen, ob die bisher auf Bau- und Innenbehörde aufgeteilte Zuständigkeit in eine Hand gegeben werden kann.
Die Fraktion zieht grundsätzlich eine Stadtbahn dem Bau einer U-Bahn in die Hafencity und nach Steilshoop vor. Die U-Bahn werde nur unterstützt, wenn sie mit Geld des Bundes solide finanziert sei und sofern ein Planungsstopp „zu einer unvertretbaren Zeitverzögerung bei der Bahnerschließung der Hafencity führen würde“. Gernot Knödler