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Kampf gegen Bürokratie

■ Hochschule will Beschäftigte in Verwaltungsreform mit einbinden

Fachhochschule, Neustadtswall, 1. Etage, Bibliothek. Student kommt rein. Sieben Leute vor ihm. 20 Minuten Warteschleife. Dann endlich: „Guten Tag. Ich wollte diese beiden Bücher verlängern lassen.“Angestellte: „Nein, das geht nicht. Die sind erst zwei Wochen ausgeliehen. Die kann ich nicht verlängern.“Stirnrunzeln – „Aber äh, Verzeihung. Ich mache einen Monat lang Praktikum in Berlin und muß die Bücher mitnehmen für eine Hausarbeit.“Angestellte: „Tut mir wirklich leid! Sie können sich höchstens von dort noch mal schriftlich melden.“Stiftung Verwaltungstest, Urteil: schwerfällig!

Ob in der Bücherei, auf dem Immatrikulationsamt oder im Dezernat XYZ: Die Hochschulverwaltung, das Schmiermittel des Hochschulbetriebs, erweist sich als wenig flexibel. „Ein absolut undurchschaubares System von Verordnungen. Das ganze funktioniert nur, weil die Mitarbeiter ständig improvisieren“, weiß die Planungsleiterin der Hochschule, Dr. Gabriele Witter. Das soll sich jetzt ändern. Autonomie und Wettbewerb sind die neuen Zauberformeln der Hochschulplaner, und da soll die administrative Ebene nicht hinterherhinken. Eine Ar-beitsgruppe unter Leitung von Kanzler Jürgen-Peter Henckel hat die Diskussion unter den Beschäftigten angeregt. Thema: Was kann wie besser gemacht werden, damit die Verwaltung flexibler funktioniert?

In Gesprächsgruppen sollen die Mitarbeiter eine auf Dienstleistung zugeschnittene Verwaltung mitgestalten. „Wir brauchen ein System, in dem sich jeder Einzelne als Anbieter von Leistungen versteht. Einfach mehr Kundenorientierung“, so Henckel. Das klingt für manchen Kollegen noch ungewohnt. Rolf Brüning vom Immatrikulations- und Prüfungsamt: „Die Diskussion sollte nicht in die Richtung führen: Der Kunde ist König und wir die Büttel, die um jeden Preis Umsatz machen wollen. Zumal die Studenten überhaupt keine zahlungskräftige Kundengruppe sind.“Skepsis obgleich aus anderen Gründen- hegen auch die studentischen Vertreter. „Wieso nimmt man die Studierenden erst jetzt als Nachfolger ernst, wo Studiengebühren ruchbar werden“, fragt AStA-Vorsitzende Annette Volkens. „Irgendwie verspätet! Die Familien der Studenten haben die Bildungsbeamten schließlich immer schon bezahlt: mit Steuern.“Hochschuljustitiar Hubert Willmeroth hofft dagegen auf konkrete Verbesserungen für die Beschäftigten. „Wenn wir unsere Vorstellungen einbringen können, fördert das die Zufriedenheit am Arbeitsplatz.“Die Arbeits- und Einkommensbedingungen im öffentlichen Dienst ließen nun mal zu wünschen übrig, so Willmeroth.

Das Hauptziel aber bleibt Leistungssteigerung. Jürgen-Peter Henckel: „Wir sind in der Zwickmühle. Die staatlichen Gelder werden knapper. Gleichzeitig aber steigen die Anforderungen an die Verwaltung.“Michael Hollmann

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