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Kahlschlag für die Potentaten

Proteste in Kambodscha gegen die „korrupte Regierung“: Illegales Tropenholz wird mit Hilfe von Thailand und Malaysia vermarktet  ■ Aus Bangkok Jutta Lietsch

Schwere Lastzüge rollen Tag und Nacht über Kambodschas Straßen zur thailändischen Grenze — beladen mit riesigen Baumstämmen. Die meisten Transporte sind illegal, denn die kambodschanische Regierung hat im vergangenen Jahr verboten, neugefällte Edelhölzer zu exportieren.

Dennoch hat der Raubbau an den einst üppigen Regenwäldern so dramatisch zugenommen, daß die Weltbank kürzlich warnte: Wenn weiter ungebremst abgeholzt wird, ist Kambodscha binnen einer Dekade kahl. Schon jetzt ist laut Experten nur noch ein Drittel des Landes bewaldet – gegenüber drei Vierteln vor 30 Jahren.

Die Folgen sind bereits zu spüren: Bodenerosion, Versandung von Flüssen und Seen, Dürren und Überschwemmungen. In diesem Jahr sind mindestens 25 Menschen umgekommen, als die Wassermassen des Mekong und seiner Nebenflüsse in der Regenzeit Hunderttausende Hektar Farmland überfluteten.

Seit Jahren werfen internationale Umweltgruppen, die UNO und die kambodschanische Opposition der Regierung vor, nichts gegen die illegalen Holzgeschäfte zu tun — oder sogar selbst daran zu verdienen. Der ehemalige Finanzminister und jetzige Oppositionspolitiker Sam Rainsy spricht von „galoppierender Korruption“ der verantwortlichen Politiker.

Eine öffentliche Kundgebung gegen die Abholzung, die Rainsy und seine „Khmer Nation Party“ gestern in der kambodschanischen Hauptstadt geplant hatten, hat die Regierung kurzfristig verboten. Trotzdem haben mehrere hundert Menschen demonstriert.

Nach Auskunft von Umweltorganisationen sind es vor allem thailändische und malaysische Firmen, die das Holz über Land und einen Seehafen im Süden abtransportieren. Sie verhandeln nicht nur mit der kambodschanischen Regierung, sondern auch mit dem thailändischen Militär, das die Übergänge kontrolliert. Nach Berichten der Bangkok Post will Thailand schon bald drei weitere Grenzübergänge nach Kambodscha für Holzimporteure öffnen, die dann insgesamt zehn Checkpoints nutzen können. Thailands Premierminister Banharn Silapa-archa habe erst in September den Antrag von fünf thailändischen Holzkonzernen genehmigt, die innerhalb der nächsten zwei Jahre 300.000 Kubikmeter Holz über die Grenze bringen wollen.

Wichtige Geschäftspartner sind auch die kambodschanischen Roten Khmer. Die ehemaligen Machthaber und Massenmörder herrschen über waldreiche Gebiete jenseits der thailändisch- kambodschanischen Grenze und ziehen einen großen Teil ihres Einkommens aus den Holzverkäufen. Seitdem sich die Organisation im August gespalten hat, versuchten ihre Führer, noch mehr zu exportieren, heißt es in

Bangkok.

In der vergangenen Woche beschuldigte die britische Umweltgruppe „Global Witness“ erneut die kambodschanische Regierung, sie habe im Mai mit zwei thailändischen Unternehmen Geheimverträge unterzeichnet. Die Firmen dürfen danach Holz im Weltmarktwert von 57 Millionen Dollar fällen und exportieren. In Kambodscha amtieren seit den UNO-organisierten Wahlen von 1993 zwei Regierungschefs: der alte Premier von vor den Wahlen und der eigentliche Wahlsieger. Insgesamt hätten die beiden gemeinsam regierenden Premierminister in der ersten Hälfte 1996 über 18 Ausfuhrkonzessionen verhandelt, berichtet Global Witness — ohne das Parlament zu unterrichten.

Es handelt sich laut Global Witness dabei zum großen Teil um frischgefällte Stämme. Damit verletze die Regierung das von ihr selbst erlassene Abholz- und Exportverbot, das im Juni vergangenen Jahres in Kraft trat.

Zwar haben die Politiker in Phnom Penh in den vergangenen Monaten wiederholt und wortreich versprochen, sie wollten das illegale Treiben beenden. In der Praxis aber änderte sich nichts. Schließlich drohten die internationalen Geldgeber Kambodschas: Die Politiker in Phnom Penh müßten bis spätestens Ende Oktober endlich durchgreifen und neue Forstgesetze erlassen, so der Internationale Währungsfonds (IWF). Außerdem solle die Regierung eine unabhängige Firma damit beauftragen, eine Inventur aller bereits gefällten Bäume in Kambodscha zu machen und deren Export zu überwachen. Andernfalls werde der IWF zugesagte Kredite von 60 Millionen Dollar nicht auszahlen.

Kurz vor Ablauf des Ultimatums verabschiedete die kambodschanische Regierung ein neues Umweltgesetz und ein Forstverwaltungsgesetz, das die Kompetenzen der verschiedenen Behörden neu festlegt. Ob die Politiker in Phnom Penh damit aber den IWF und die internationalen Kritiker besänftigen, bleibt fraglich: Die neuen Vorschriften geben wenig Auskunft darüber, wie Übeltäter bestraft werden können. Auch die geforderte unabhängige Überwachung der Abholzung und der Exporte ist nicht festgeschrieben.

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