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Kahane-Mord provoziert Racheakte

In Israel wird das Attentat auf den araberfeindlichen Rabbiner in allen politischen Lagern verurteilt  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Die Nachricht, daß der extremistische israelische Rabbi Meir Kahane am Montag abend in New York einem Mordanschlag zum Opfer gefallen ist, hat in Israel auch unter seinen politischen Gegnern keine Freude ausgelöst. Das Attentat wurde von Palästinensern wie Juden verurteilt. Der mutmaßlich arabische Täter, dessen Name mit Sayyid A. Nosair angegeben wird, wurde auf der Flucht von einem Polizeibeamten angeschossen und dabei schwer verwundet. Die tödlichen Schüsse trafen Meir Kahane nach einer Rede, die er im Konferenzsaal des Halloran-Hotels in Manhattan im Auftrag der jüdischen Gruppe „Jewish Idea“ hielt. Als Kahane vom Rednerpult aus abschließende Fragen des Publikums beantwortete, stand der Attentäter auf und feuerte zweimal auf den Rabbi. Dabei wurde Kahane tödlich in den Hals getroffen.

Der Mord, so befürchten sowohl die israelischen Behörden als auch palästinensische Kreise, werde in Israel zu einer Serie von Racheakten gegen linksgerichtete Israelis und gegen Araber führen. Zu einem ersten Racheakt kam es bereits gestern vormittag in der Westbank, als ein Israeli in Luban Schalkia zwei Palästinenser erschoß.

Palästinensische Sprecher in Ostjerusalem und in Nablus verurteilten den Mord an Kahane. Dabei fügten sie jedoch hinzu, daß Kahane letztlich das Opfer jener Methoden wurde, die er selbst unablässig predigte: Gewalt, uneingeschränkte Gewalt gegen alle Araber. Sein politisches Ziel war ein „araberreines“ Groß-Israel; um diese Vision umzusetzen, hielt er jedes Mittel für legitim.

Unter orthodoxen Israelis, vor allem jenen, die im besetzten Ost-Jerusalem und in der Westbank siedeln, genoß Rabbi Kahane große Sympathien. Auch etliche junge Israelis, die ansonsten durchaus anderen politischen Parteien anhängen, waren keineswegs gegen die volksverhetzende Demagogie Kahanes gefeit. In nationalistisch religiösen Kreisen jedoch hielt man auf Distanz zu dem radikalen Araber-Hasser. Seit 1988 darf Kahanes „Kach“-Partei nicht mehr an den Wahlen zur Knesset — dem israelischen Parlament — teilnehmen. Seitdem führt die Kach ein halblegales Dasein.

Politiker der linken Knesset-Opposition wie Sarid (Raz), Zaban (Mapam) und Burg (linker Flügel der Arbeiterpartei) verurteilten den Mordanschlag auf Kahane ebenso wie der Sprecher der israelischen KP. Gleichzeitig meinten die Vertreter der Linksopposition jedoch, wer zum Schwert greife, müsse damit rechnen, durch das Schwert umzukommen.

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