KOMMENTARE: Die Vertreibung aus dem Paradies
■ Am Jäger 90 entscheidet sich, wie abhängig die Bundesregierung von Daimler-Benz ist
Deutsche Luft- und Raumfahrtmanager nennen ihr Lieblingsprojekt, den Jagdbomber Jäger 90, zärtlich Efa (European Fighter Aircraft). Die klangliche Ähnlichkeit zu Eva ist kein Zufall, denn die Herren der Daimler-Tochter Deutsche Aerospace (Dasa) würden eine Entscheidung gegen Efa durchaus als Vertreibung aus dem Paradies empfinden; jenem Paradies des Kalten Krieges, das der Rüstungsindustrie das unternehmerische Risiko ersparte. Wurde doch in jenen seligen Zeiten nach staatlichen Vorgaben mit staatlichen Zuschüssen für den staatlichen Abnehmer entwickelt und produziert; die lästige Frage nach dem Markt fürs Produkt brauchte sich in diesem Industriezweig niemand zu stellen. An Efa entscheidet sich nun, ob sich die Bundesregierung gegenüber dem größten deutschen Industriekonzern Daimler-Benz emanzipieren kann.
Nach der Lobbyisten-Logik im Raumschiff Bonn verhält sich Bundesverteidigungsminister Volker Rühe (CDU) geradezu heldenhaft, wenn er für das eintritt, was laut Umfragen 80 Prozent der bundesdeutschen Bevölkerung wollen: Efas Begräbnis. Die Terminverschiebung der Entscheidung ist in dieser Logik ein Sieg der Lobby, die so Zeit gewonnen hat, den ParlamentarierInnen weitere Sachzwänge argumentativ näherzubringen. Und auf einer zweiten Ebene bleibt Zeit, hinter den Kulissen um Kompensationsaufträge zu schachern, die den Verlust Efas verschmerzen helfen. Die Argumentationslinien der Daimler- und Dasa- Herren sind dabei durchaus interessant: Die deutsche Industrie verlöre ihre maßgebliche Rolle bei der Technologie-Entwicklung. Zigtausende von Arbeitsplätzen gingen verloren. Mehr als die Hälfte der Efa-Milliarden kämen durch Steuern und Abgaben in den Bundeshaushalt zurück. Ganz abgesehen von der Sicherheits- und der europäischen Bündnispolitik. Wie taktisch die Argumente sind, zeigen die Rüstungsindustriellen jedoch täglich selbst: Wenn die Politik entscheiden würde, daß die Bundeswehr angesichts der nicht mehr vorhandenen Bedrohung aus dem Osten kein neues Jagdflugzeug brauche, werde man die Entscheidung selbstverständlich akzeptieren — wohl wissend, daß Bonn noch immer kein Verteidigungskonzept für die Zeit nach dem Kalten Krieg hat.
Efas Väter tun deshalb weiter so, als ob ihr Produkt ein Segen für die Volkswirtschaft sei. Gute ManagerInnen zeichnen sich gemeinhin dadurch aus, auf Veränderungen am Markt vorausschauend zu reagieren. Statt dessen ließ die Dasa-Führungscrew ihre qualifiziertesten Ingenieure weiter an Bombern basteln — zu Preisen, die der Politik seit Jahren schon zu hoch sind. Der Fall Efa zeigt gleichzeitig auch, daß ein großer Teil des technischen Know-hows hierzulande nicht einmal zum „dual use“ taugt. Um derart spezialisierte Arbeitsplätze aber ist es nun wirklich nicht schade. Donata Riedel
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