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■ Das PortraitJutta Limbach

Der Rückzug einer anderen SPD-Juristin hat ihr den Weg frei gemacht: Die Berliner Justizsenatorin Jutta Limbach soll Verfassungsrichterin werden. SPD-Chef Scharping schlägt heute die 59jährige Rechtsprofessorin seinem Präsidium vor. Um die erste Wunschkandidatin der Sozis, Herta Däubler-Gmelin, hatte es einen monatelangen quälenden Streit gegeben. Die CDU weigerte sich, die „rote Herta“ in die rote Robe zu stecken. Das soll es mit Limbach nicht geben. Ihre Kandidatur sei mit dem Kanzler intern abgesprochen, hieß es gestern.

Jutta Limbach, das ist die Miss Marple der Berliner Justiz. In ihren von Spitzen gerahmten Krägen wirkt die zierliche Frau auf den ersten Blick eher hausbacken. Der Eindruck trügt: Sie versteht es, juristische Sachverhalte in eine klare und verständliche Sprache zu übersetzen. Sie tut das so gewandt, mit so viel Überzeugungskraft, daß immer eine Spur Verschlagenheit mitschwingt. Im rot-grünen Berliner Frauensenat gab sie mit 55 Jahren ihr Debüt als Ministerin, sprich: als Justizsenatorin. Der Öffentlichkeit wurde sie bekannt durch ihr Eintreten für eine Zusammenlegung der RAF- Gefangenen. Aufsehen erregte Limbach, als sie sich energisch der Aufgabe stellte, die politische Vergangenheit von Erich Honecker und Konsorten justitiabel zu machen. Sie richtete eigene staatsanwaltliche Ermittlungsgruppen zur Regierungskriminalität ein und schimpfte, die Berliner Justiz

Verfassungsrichterin in spe Foto: Marc Darchinger

brauche mehr personelle Unterstützung für diese Aufgabe. In ihrem Verfolgungsdrang überschritt sie dabei allerdings die Grenzen der Gewaltenteilung. Kaum war Erich Honecker von Berlins Verfassungsgerichtshof nach Chile entlassen, machte ein scharfer Protest des Berliner Generalstaatsanwalts die Runde – der aus der Feder Jutta Limbachs stammte. Der juristische und politische Fauxpas entsprang ihrer Unart, jede Pressemitteilung möglichst selbst noch zu redigieren; nach eigenem Bekunden hatte sie mal Journalistin werden wollen.

Trotzdem ist die Zivilrechtlerin und Rechtssoziologin Limbach keine Ersatzkandidatin für Däubler- Gmelin. Sie war gleichzeitig mit der Genossin für die rote Robe in Karlsruhe im Gespräch gewesen. Nun hat sie beste Chancen, Ernst Gottfried Mahrenholz im 2. Senat des Verfassungsgerichts zu beerben. Christian Füller

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