Justiz in Spanien: Ende einer politischen Krise
Nach monatelanger Blockade ist in Spanien der Weg zur Neubesetzung zweier Posten am Verfassungsgericht frei. Die Progressiven stellen nun die Mehrheit.
Damit ist die bisherige konservative Mehrheit von sechs zu fünf Richtern im Verfassungsgericht Geschichte. Künftig werden dort sieben progressive Richter und vier Konservative sitzen. Das Verfassungsgericht wird bis mindestens 2031 diese Mehrheit behalten – wenn laut Verfassung ein Drittel der Posten erneuert werden muss.
Die konservativen Mitglieder im CGPJ, die einst auf Vorschlag der rechten Partido Popular (PP) ernannt worden waren, hatten mit ihrer Sperrminderheit die Erneuerung verhindert. Jetzt stimmten die progressiven Richter im CGPJ für deren Vorschlag, den konservativen Richter César Tolosa und dessen progressive Kollegin María Luisa Segoviano. Sie war bis vor Kurzem als erste Frau Präsidentin einer Kammer des Obersten Gerichtshofes. Die progressive Fraktion verzichtete damit überraschend auf ihren eigenen Kandidaten José Manuel Bandrés.
Nicht nur die Erneuerung von Richtern am Verfassungsgericht war längst überfällig. Die Konservativen blockieren auch die seit vier Jahren ausstehende verfassungsmäßige Umbesetzung des CGPJ. Die PP weigert sich, mit der Linksregierung unter Pedro Sánchez eine Liste von Richtern auszuhandeln, und diese dann mit der notwendigen Dreifünftelmehrheit im Parlament zu verabschieden. Ob sich das nun ändern wird, ist nicht klar.
Premier Sánchez konnte auf kleinere Parteien bauen
Die Justizblockade hatte vergangenen Woche zu einer schweren politischen Krise geführt. Die in Minderheit regierende Linkskoalition aus Sozialisten und Linksalternativen wollte ein Gesetz auf den Weg bringen, wonach Richter mit einfacher Mehrheit ernannt werden können. Nach jahrelanger Blockade durch die PP konnte Sánchez dabei auf die Unterstützung zahlreicher kleinerer Parteien bauen.
Nachdem das Gesetz im Kongress verabschiedet worden war, verhinderte das Verfassungsgericht – mit den Stimmen der konservativen Richter, die längst nicht mehr im Amt hätten sein dürfen, – die Abstimmung auf Antrag der PP im Senat. Sánchez kündigte daraufhin an, ein weiteres Gesetz ausarbeiten zu wollen, um die Blockade von CGPJ und Verfassungsgericht zu brechen. Dies führte wohl zur überraschenden Abstimmung über das Verfassungsgericht im CGPJ.
Das Verfassungsgericht muss demnächst über brisante Themen entscheiden, wie die Verfassungsklage der PP gegen das Abtreibungsrecht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?