: Juristische Schritte gegen 'Spiegel–
■ Bundesgeschäftsführer der Grünen bestreitet Spiegel -Behauptungen über unsauberes Finanzgebaren / Unabhängiger Wirtschaftsprüfer soll Vorwürfe untersuchen / Recherchen waren schon bekannt
Juristische Schritte gegen 'Spiegel‘
Bundesgeschäftsführer der Grünen bestreitet 'Spiegel'
-Behauptungen über unsauberes Finanzgebaren / Unabhängiger Wirtschaftsprüfer soll Vorwürfe untersuchen / Recherchen
waren schon bekannt
Aus Bonn Charlotte Wiedemann
Mit den im 'Spiegel‘ erhobenen Vorwürfen über angeblich unsauberes Finanzgebaren im G-Bundesvorstand wird sich vermutlich bald eine ganze Riege von Rechtsanwälten befassen. Der Bundesgeschäftsführer Eberhard Walde bezeichnete den Artikel als „wolkenartiges Gebilde aus Bewertungen und unhaltbaren Behauptungen Dritter“ und kündigte juristische Schritte gegen das Magazin an. In einer Erklärung der Vorstands-Mehrheit heißt es: „Die Darstellung des 'Spiegel‘ ist falsch. Sie entspricht weder in den Einzelheiten noch in ihren Verallgemeinerungen den Tatsachen. Es hat keine fianziellen Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung des Bundesvorstands gegeben.“ Um dies öffentlich nachprüfbar zu machen, soll ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer jetzt die Jahre 1985 und 1986, auf die sich ein Teil der Vorwürfe bezieht, untersuchen.
Hinsichtlich der angeblichen Umgehung von Steuer- und Sozialgesetzen bei der Renovierung des partei-eigenen „Haus Wittgenstein“ gab der Bundesvorstand den schwarzen Peter an den dort beschäftigten grünen Bauleiter Lothar Kemper weiter: Wenn gesetzliche Bestimmungen verletzt worden seien, „so geschah dies ohne Wissen des Bundesvorstandes“. Der Bauleiter sprach hingegen von einem „Skandal“, daß der Geschäftsführer Walde seine Überstunden „letztendlich doch aus der Baukasse abgerechnet “ habe: Dies sei Grund genug für den Rücktritt Waldes.
Für die Realo-Minderheit im Vorstand sagte Rolf Grösch verhalten: „Wir haben nichts zu verbergen“, aber „rückhaltlose Aufklärung sind wir den Grünen schuldig“. Das ehemalige Vorstandsmitglied Lucas Beckmann, aus dessen Aufzeichnungen einige 'Spiegel'-Zitate stammen, hält hingegen die Beschuldigungen hinsichtlich der früheren Jahre für belegt. Sein Kontrahent im damaligen Vorstand, Uli Tost, sprach, ohne Beckmanns Namen zu nennen, von einem „aus dem Hinterhalt schießenden feigen Denunzianten“: „Wenn das der Aufbruch für '88, zu einer neuen politischen Kultur sein soll, dann Gute Nacht.“
Gerüchte über innerparteiliche Nutznießer oder Lancierer des 'Spiegel'-Artikels im Vorfeld des grünen Kongresses blühen auch deshalb, weil einige Grüne anscheinend bereits seit Wochen über die Recherchen des Magazins Bescheid wußten, aber die Betroffenen nicht informierten. Schatzmeister Schulz forderte die innerparteilichen Kontrahenten auf, „Roß und Reiter zu nennen.“ Der Fraktionsvorstand hat noch keine Stellungnahme abgegeben, allerdings sagte Vorstandsmitglied Charlotte Garbe, für den Fall geringster Unregelmäßigkeiten müsse der Vorstand zurücktreten.
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