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Archiv-Artikel

Jukebox

Beherrschte Künste: Der Prinz und die Musik

Man ist skeptisch, schon aus Gewohnheit und weil Politik gar nichts Poetisches an sich zu haben scheint. Es gibt die Herrscher und es gibt die Kunst. Wie soll das in einer Person zusammengehen? Doch der Mensch versucht alles. War da nicht zum Beispiel Nero, ein Förderer der Künste, der nach getaner Arbeit selbst zur Leier griff, um Lieder zu singen, während der Widerschein des brennenden Roms seine Lust befeuerte? Was jetzt nicht allen gefallen hat. Aber manchmal ändern sich die Zeiten: Bill Clinton sammelte einst mit seinem Saxofon mächtig Pluspunkte in der Kategorie „Politiker, menschlich gesehen“. Sein Beweis von Lockerheit und Popappeal.

Und manchmal ändern sich die Zeiten eben nicht: Kaum zu erwarten, dass sich beim aktuellen US-amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf Kerry oder Bush noch an irgendwelchen Künsten vergreifen. Die Zeiten sind hart. Keine Zeit zur Muse. Wenn dann die Politik gemacht wird, braucht man auch gar nicht hoffen, dass sich dabei eine künstlerische Lockerheit mit in den Stil mogelt. Weiß man doch von den Doppelbegabungen aus deutschen Landen. Nur weil Friedrich II. adrett die Flöte zu blasen verstand, machte er aus seinem Preußen noch lange keinen Hort der Boheme. In der jüngeren Geschichte kennen Politiker die Kunst sowieso eher als patriotische Pflicht, wie man bei Helmut Kohl nachhören kann, der stimmstark für die so genannte „Schöneberger Fassung“ der Nationalhymne verantwortlich zeichnete.

Im asiatischen Raum dagegen durften Kunst und Politik echte Genossen sein. Mao schrieb Gedichte, und Ho Chi Minh auch. Ganz oben in der Hitparade der Musenpolitiker aber muss Norodom Sihanouk stehen, immer wieder mal Herrscher in der wechselhaften Geschichte Kambodschas. Er agierte als Schauspieler, er drehte Filme. Er gewann sogar den Preis beim Phnom-Penh-Filmfestival (das nur einmal stattfand). Sein Politikerdasein wird dabei nicht von Schaden gewesen sein. Und er komponierte Musik, die man sich als Schnittmenge von europäischen Gesellschaftstänzen mit einer Chinavase vorstellen muss. Ganz reizendes Easy Listening. Kann man im Netz bei www.norodomsihanouk.info aufstöbern. Vergangene Woche dankte Sihanouk als Kambodschas König ab. Die Muse aber bleibt. THOMAS MAUCH