Jugendpfarrer Lothar König ist tot: „Er hat seinen Kopf für eine bessere Welt hingehalten“
Der langjährige Leiter der Jungen Gemeinde Jena wurde durch sein Engagement gegen Rechtsextreme bekannt. Mit 70 Jahren ist er jetzt gestorben.
„Bis zum Ende blieb er Fußballer, Punk und ‚Langhaariger‘ dessen krasser Freiheitsdrang immer seinen Weg bestimmte“, schrieb König-Preuss. „Er hat seinen Kopf – auch im Wortsinne – für andere Menschen, für eine bessere Welt hingehalten, an der er trotz aller Widrigkeiten nie verzweifelte, nie die Hoffnung verlor.“
Lothar König, 1954 im Norden Thüringen geboren, war früh mit den Sicherheitsbehörden DDR in Konflikte geraten. „1969 war meine erste Hausdurchsuchung“, berichtete er 2013 in der taz. „Im Jahr nach der Niederschlagung des Prager Frühlings malte ich ein Graffito an eine Hauswand, und im Nu waren Polizei und Stasi bei uns zu Hause.“ Er erhielt keine Zulassung zum Abitur, konnte später aber trotzdem Evangelische Theologie studieren und arbeitete anschließend als Pfarrer. Im Wendejahr 1989 schloss er sich der Bürgerbewegung Neues Forum an.
1990 kam König nach Jena und leitete von da an 29 Jahre lang die Junge Gemeinde (JG) der Evangelischen Kirche. Er machte die JG zu einem Zufluchtsort für junge Linke und Migrant*innen und zu einer Institution in der Arbeit gegen die rechtsextreme Szene in Thüringen. Er beteiligte sich aber auch prominent an linken Demonstrationen zu anderen Themen, etwa gegen Atomkraft oder den G8-Gipfel in Heiligendamm.
Wiederholt wurden die JG und König dafür aus der rechten Szene bedroht und angegriffen. Auch staatlichen Repressionen war König ausgesetzt. Nach einer Anti-Nazi-Demo im Februar 2011 warfen ihm die Behörden vor, linke Demonstrant*innen von seinem Lautsprecherwagen aus zu Gewalt gegen die Polizei aufgerufen zu haben.
König wehrte sich gegen die Vorwürfe. Er habe sein Leben lang stets gewaltfrei demonstriert. „Ich war doch nie so hirnrissig, Leute gegen Polizisten aufzuhetzen. Wenn es brenzlig zu werden drohte, sind wir dazwischengefahren. Meist hat das zur Entspannung geführt, manchmal habe ich auch selbst etwas auf die Schnauze bekommen“, sagte König zu der Zeit der taz. 2014 wurde das Verfahren gegen ihn eingestellt. Im August 2019 wurde König mit einem Gottesdienst in den Ruhestand verabschiedet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern