Jugend rezensiert: Feuer und Flamme
Buchkritik von Schüler*innen
Anik Urich
15 Jahre
Das Buch „Durchs Feuer“ von Jenny Valentine handelt von einer intensiven Tochter-Vater-Beziehung, die sich erst nach langer Trennung – und kurz vor seinem Tod – entfaltet.
Die junge Iris hat keine Erinnerung an ihren leiblichen Vater Ernest. Alles, was sie über ihn weiß – wenig Schmeichelhaftes –, hat sie von ihrer Mutter Hannah. Als Ernest im Sterben liegt, will er seine Tochter, die mit Mutter und Stiefvater Lowell auf der anderen Seite des Atlantiks wohnt, noch einmal sehen. Hannah willigt sofort ein, von Los Angeles zurück nach Großbritannien zu ziehen. Schließlich könnte das Vermögen von Iris’Vater, das er als Kunsthändler gemacht hat, nach seinem Tod ihre Schulden abbauen. Statt zu trauern, lässt sie mit ihrem Freund Lowell, einem abgestürzten Soap-Darsteller, lieber die Sektkorken knallen.
Ihre Mutter ist Iris in vielen Punkten fremd. Das beginnt schon mit der Äußerlichkeit: Während sie selbst gebrauchte Jeans und Pullover und kurze Haare trägt, kommt ihr Hannah wie eine Barbiepuppe vor. Mit der oberflächlichen Art ihrer Mutter und ihres Stiefvaters kommt Iris nicht zurecht. Mutter und Tochter streiten auch wegen Iris’unglaublicher Vorliebe für Feuer. Sie zündelt gern, auch im Kleiderschrank ihrer Mutter oder auf dem Dachboden ihrer Schule.
Schlimmer als das Unverständnis für die eigene Mutter ist für Iris jedoch der Gedanke, ihren besten Freund Thurston in L. A. zurückzulassen – und ihn vielleicht nie wiederzusehen. Er besitzt kein Telefon und sie war nie bei ihm zu Hause. Wohl oder Übel packt Iris die Koffer, um ihren leiblichen Vater aufzusuchen. Die erste Begegnung ist zwar seltsam. Danach fangen Iris und ihr Vater aber an, sich gegenseitig von ihrem Leben zu erzählen. Iris erfährt viel über ihre Vergangenheit und Kindheit. Vater und Tochter genießen die letzten gemeinsamen, oft melancholischen, Stunden.
„Durchs Feuer“ ist ein packender Roman mit lebhaften Charakteren. Iris, Ernest und Thurston hab ich sofort ins Herz geschlossen. Besonders gut haben mir die Zeitsprünge gefallen, die die Freundschaft mit Thurston in L. A. zeigen: die erste Begegnung, Thurstons zahlreiche Performancekünste, die letzte – unglückliche – Begegnung. Diese Szenen sind auf ganz wunderbare Weise seltsam, oft komisch. Überhaupt ist das Buch kaum traurig. Es geht darin zwar um Abschied – der Tod steht aber nie im Mittelpunkt. Noch überraschender war aber das epische Ende des Buches. Eines zum Weinen – und zum Lachen.
Jenny Valentine: „Durchs Feuer“. Aus dem Engl. von Klaus Fritz. dtv, Reihe Hanser, München 2016, 220 S., 14,95 Euro, ab 14 Jahre
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