: Jüdisch essen, was ist das?
■ Jüdische und arabische Musiker auf einer Bühne? Für „Bustan Abraham“ der Normalzustand, erzählten die Weltmusiker im Interview
Daß jüdische und arabische Musiker gemeinsam auf der Bühne stehen, scheint man nur außerhalb Israels für etwas Besonderes zu halten. Das jedenfalls erzählten die Musiker der Gruppe „Bustan Abraham“ der taz im Interview. Auch das Auftreten mitten in den deutschen Gedenkfeierlichkeiten zum 8. Mai ist für die Band nicht viel mehr als ein ganz normaler Gig. Heute abend wollen sie ihre musikalische Sicht der israelischen Realität im Rahmen der Israeltage dem Bremer Publikum vorstellen.
taz: Sie sind eingeladen, ihre Musik inmitten der Gedenkfeiern vorzustellen, die ja nicht gerade ein fröhliches Fest darstellen. In was für einer Stimmung sind Sie hierhergekommen?
Avshalom Farjun: Ehrlich gesagt, wir wußten gar nicht, was der Anlaß ist. Wir wußten nur, daß wir zwei Konzerte in Bremen haben. Für uns steht die Musik im Vordergrund.
Heißt das, es macht für Sie keinen Unterschied, ob Sie in Deutschland oder in einem anderen Land spielen?
A.F.: Doch, auch ohne den Gedenktag ist es immer irgendwie anders, wenn man in Deutschland auftritt. Aber ich glaube, ich könnte auch vor dem Teufel persönlich auftreten – wenn nur ein Teil von ihm bereit ist, zuzuhören und er dann auch etwas davon hat. Das heißt, ich habe keine Probleme damit, hier aufzutreten.
Was für ein Publikum erwarten Sie hier, gibt es eine bestimmte Altersgruppe, die Sie ansprechen?
Taiseer Elias: Normalerweise ist es eine Mischung aus allem, denn unsere Musik kann jeden ansprechen: Junge, Alte, Deutsche, Juden und Araber. Es ist eine universelle Musik.
A.F.: Das ist wirklich einzigartig bei dieser Gruppe, die Musik besteht aus so vielen verschiedenen Elementen, daß auch das Publikum nicht homogen ist, jeder findet etwas anderes interessant. Manche mögen Jazz, andere lieber Flamenco, all das gibt es in unserer Musik.
Was bedeutet dann der Begriff Weltmusik für Sie?
A.F.: Ja, das ist ein Wort, das in den letzten 20 Jahren von Kritikern benutzt wurde, wenn sie nicht wußten, in welche Sparte die Musik gehört. Und wenn es dann noch ethnische Elemente enthielt, dann haben sie es Weltmusik genannt. Der Begriff bedeutet eigentlich gar nichts.
Aber Sie sind doch auf Festivals der Weltmusik aufgetreten, was verbinden Sie mit dem Begriff?
A.F. Für uns bedeutet es universelle Musik. Eine Musik, die von Menschen auf der ganzen Welt verstanden wird.
T.E.: Durch die Fusion der verschiedenen Musikstile kreieren wir eine neue universelle Musiksprache.
Welche Elemente haben Sie in Ihre Musik aufgenommen und wie passen die jüdische und die arabische Musik zusammen? Gibt es da überhaupt Gemeinsamkeiten?
A.F.: Ich weiß gar nicht, was das ist, jüdische Musik. Genausowenig wie ich weiß, was jüdisches Essen ist. Die Menschen in Israel kommen doch aus allen Ecken der Welt und das spiegelt sich sowohl im Essen, wie auch in der Musik. Israel ist ein so junger Staat, man kann noch gar nicht sagen, was israelisch oder jüdisch ist und was nicht. Ich glaube, von unserer Musik wird man später einmal sagen, das ist israelische Musik, weil sie die Vielfalt widerspiegelt.
Wie entstand Bustan Abraham? War es eine bewußte Entscheidung, hier arabische und jüdische Musiker zusammenzubringen?
A.F.: Nein, im Gegenteil. Wir haben uns ganz allein als Musiker und Freunde zusammengefunden, denn wir kannten uns schon, bevor ich die Idee hatte, diese Gruppe zu gründen.
T.E.: Eigentlich haben uns erst die Journalisten darauf aufmerksam gemacht. Natürlich wußte ich, daß Avshalom Jude ist, aber ich habe nie weiter darüber nachgedacht. Wer in der Gruppe ist, ist einzig und allein hier, weil er ein guter Musiker ist, aus keinem anderen Grund.
A.F.: Nachdem uns aber soviele Leute darauf angesprochen haben, wurden wir uns der Tatsache sehr bewußt und sind auch stolz darauf, daß wir zeigen können, daß Juden und Araber ganz normal miteinander arbeiten können. Wir freuen uns einfach darüber.
T.E.: Die Realität in Israel ist viel friedlicher und normaler, als man hier oft denkt.
Glauben Sie, daß Bustan Abraham eingeladen wurde, um diese friedliche Koexistenz in Bremen zu demonstrieren?
A.F.: Ich hoffe sehr, daß wir allein unter künstlerischen Kriterien ausgewählt wurden, wer auch immer dafür verantwortlich ist.
T.E.: Mich würde es sehr traurig machen, wenn die Leute nur kommen, weil Araber und Juden gemeinsam auf der Bühne stehen und nicht, weil sie unsere Musik schätzen. Schließlich sind wir Musiker und nicht Politiker.
Fragen: Gudrun Kaatz
„Bustan Abraham“ treten heute abend um 20 Uhr im Rahmen der Bremer „Israeltage“ im Schlachthof auf
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