: Jubelfeiern in Albanien KP gibt dem Druck nach
■ Studenten siegen/ Alia will Regierungsgeschäfte übernehmen
Berlin (taz) — Freude und Ausgelassenheit auf dem Campus der Universität von Tirana, weitere Streiks und Demonstrationen im ganzen Land, Verbrüderungsszenen mit der Polizei, aber auch nervöse Reaktionen der Sicherheitskräfte in der Hauptstadt — so läßt sich die Situation nach dem Rückzug der albanischen Führung charakterisieren. Am Mittwoch abend kündigte Staats- und Parteichef Ramiz Alia an, er selbst werde die Regierungsgeschäfte in Albanien übernehmen. Damit ist die politische Hauptforderung der Demonstranten, der Rücktritt der Regierung, erfüllt. Ob Ramiz Alia eine echte Koalitionsregierung bilden will, an der auch alle neuentstandenen Oppositionsparteien beteiligt werden, bleibt noch offen. Alia hatte zunächst den Sturz der Hoxha-Statue als Vandalismus verurteilt und die Demonstrationen als einen Versuch bezeichnet, Albanien zu zerstören. Die Sicherheitskräfte ließen es aber nach anfänglichem Widerstand zu, daß die Menge auf den Skanderbeg-Platz strömte und zum Hoxha-Denkmal vordrang. Später erklärte sich Alia bereit, in die Umbenennung der Hoxha-Universität und eines Betriebes der Hauptstadt, der ebenfalls Hoxhas Namen trägt, einzuwilligen. Ramiz Alia richtete an die streikenden Arbeiter die dringende Aufforderung, zur Arbeit zurückzukehren und ihn bei der „friedlichen und gesetzlichen“ Umgestaltung von Staat und Gesellschaft zu unterstützen. Augenzeugenberichten zufolge wurden aber in einer Reihe von Städten die Streiks fortgeführt. Auch bei den Demonstrationen gab es mehrfach Verbrüderungsszenen mit den Sicherheitskräften. Auch bei den Kosovo-Albanern herrschte Freude über den Erfolg der Demokratiebewegung im Mutterland. In der Uni Pristina knallten die Sektkorken. Aber die Zustimmung zu den Studenten ist nicht ungeteilt. TAGESTHEMA SEITE 3
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