■ Soundcheck: Johnny Cash
Gehört: Johnny Cash. Da war er. Der „ewig Coole“, der „Outlaw und Prediger“ und mit 62 Jahren wieder ganz auf der Höhe, musikalisch jung und lebenserfahren. In der fast ausverkauften Stadtpark-Arena hatte sich ein sehr gemischtes Publikum eingefunden. Gealterte Möchtegerntrucker mit Stetson und Plautze, rotnackige, nach Kneipenschlägerei aussehende Luruper, und diverse Gesichter neuer Fans, die man früher eher bei Indie- oder Punk-Acts erwartet hätte. Begleitet von einer vierköpfigen Band schlägt Johnny sich erst einmal durch seine Standards, and it burns. Er wirkt gelöst, eher also die lockere Coolheit, die Stimme klingt sicher, die Band hält sich nett im Hintergrund. Dann sieben Songs mit ihm allein plus der geliebten Gitarre. Alles Stücke seiner neuen, von Rick Rubin produzierten Platte American Recordings, die sogar besser ankommen als sein altes Material. Dann wieder „best of“, vier Titel davon zusammen mit Ehefrau June Carter. Noch überzeugender ist er jedoch, wenn er alleine seine Geschichten erzählt: Wenn er auf zwei Mundharmonikas gleichzeitig die Dampflok schnaufen läßt und ihm momentelang die Puste ausgeht, heult er gleich darauf eine Krankenwagensirene ins Mikro. Ein paar Akkorde zum unverkennbaren Bariton, ein paar hingeworfene Kußfingerchen, dem Mann in Schwarz kann in dieser Form keiner das Wasser reichen. Nach dem Konzert gibt er Autogramme. Relaxt lächelnd, klein, dick, freundlich. Da war's mit der Coolness fast vorbei. Es ist auch würdiges Altern, was die Leute an ihm bewundern.
Text & Fotos: Stephan Pflug
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