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Johannesburg will „offene Stadt“ sein

■ Stadtrat der größten Metropole Südafrikas verabschiedet Resolution zur Öffnung für alle Ethnien De Klerk muß entscheiden / Cosatu-Generalsekretär Naidoo wegen Polizeispitzelkidnapping vor Gericht

Aus Johannesburg Hans Brandt

Nach einer hitzigen Debatte hat der (weiße) Stadtrat von Johannesburg, Südafrikas größter Metropole, am Dienstag abend die Öffnung der gesamten Stadt für alle Ethnien gefordert. Nach verstündigen Diskussionen stimmten die Abgeordneten der liberalen Demokratischen Partei (DP) und die Mehrheit der Stadträte der Nationalen Partei (NP) für die Resolution. Darin wird die Regierung de Klerk aufgefordert, Johannesburg zu einem sogenannten „freien Siedlungsgebiet“, in dem Menschen aller Hautfarben wohnen und Eigentum besitzen dürfen, zu erklären. Der Widerstand der ultrarechten Konservativen Partei (CP) konnte diese Entscheidung nicht verhindern.

Der Vorsitzende des Exekutivkomitees des Johannesburger Stadtrates, DP-Führer Ian Davidson, sprach von einer historischen Entscheidung, die allen anderen Städten in Südafrika und der Regierung ein deutliches Signal sein würde. Die Entscheidung hat allerdings eher symbolischen Wert, da das letzte Wort die Zentralregierung in Pretoria hat. Der stellvertretende Planungsminister, Johan Fourie, hatte am Montag gewarnt, die Entscheidung Johannesburgs sei verfrüht.

Die Regierung will erst in der nächsten Legislaturperiode Rassentrennung in Wohngebieten durch „nicht diskriminierende“ Gesetzgebung ersetzen. Der nun dreißig Jahre angewandte „Group Areas Act“, eine der tragenden Säulen der Apartheid, hatte die Wohngebiete für Weiße, Schwarze, Mischlinge und Inder aufgeteilt. Auch in Zukunft soll der „Schutz von Gemeinschaften“ laut Pretoria gewährleistet werden. Die DP ist der Ansicht, hinter dieser Formulierung verberge sich nur „versteckte Rassentrennung“. „Freie Siedlungsgebiete“ sind bisher entweder neuzuentwickelnde Gegenden, oder „weiße“ Gebiete in Großstädten, in denen sich trotz der Rassentrennung Tausende von Schwarzen angesiedelt haben („graue“ Gebiete) wie etwa in Hillbrow in Johannesburg oder in einigen Stadtteilen Kapstadts. Kapstadt hatte schon vor zwei Jahren in Pretoria die „Erlösung“ vom „Group Areas Act“ beantragt. Darüber ist bis heute nicht entschieden worden. Insgesamt hat die entsprechende Behörde in Pretoria 33 Gebiete in Südafrika für alle Ethnien geöffnet.

Das Land ist jeden Tag für widersprüchliche Meldungen gut. Im Zentrum von Johannesburg kam es am Dienstag auch zu einer dramatischen Konfrontation zwischen Führern der Gewerkschaftsföderation Cosatu und der Polizei, nachdem ein Polizeispitzel von Cosatu-Wächtern vor dem Sitz der Förderation gefangen wurde. Der Spitzel, ein Polizist namens Joseph Maleka, wurde sofort der Presse präsentiert. Er weigerte sich jedoch, sein Gesicht zu zeigen. Nach eigenen Angaben sollte Maleka ein Mitglied der südafrikanischen kommunistischen Partei, Geraldine Jocelyn, überwachen. Fotos von Jocelyn und ein Radiogerät wurden ihm abgenommen. Jocelyn vermutete vor der Presse, die Polizei wolle ein Attentat gegen sie vorbereiten.

Der Polizist wurde am Nachmittag von Kollegen, bewaffnet mit einem Durchsuchungsbefehl, aus dem Cosatu-Gebäude geholt. Die Polizei erhob dann Anklage gegen Cosatu -Generalsekretär Jay Naidoo, seinen Stellvertreter Sydney Mafumai und den Cosatu-Funktionär Baba Schalk wegen Kidnapping, Raub und Körperverletzung. Die drei sollten noch am Mittwoch vor Gericht erscheinen. Cosatu sieht in dem Verhalten der Polizei den Versuch, die demokratische Bewegung zu untergraben.

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