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Jetzo, da mehr Wälder verkohlen

■ Der Wald als romantisches Idyll, Monstrum und Nationalheiligtum: ein Kolloquium der HfK

Jetzo, da mehr Wälder verkohlen als nachwachsen, ist das einzige Mittel dagegen, daß man das Klima selber einheize und in einen großen Brut-, Darr- und Feldofen umsetze, um die Stubenöfen zu sparen. (Jean Paul, 1796)

So gehen Naturverehrung und Naturverschandelung schon zu Zeiten der Romantiker Hand in Hand. Was eine kleine Veranstaltungsreihe beweisen soll, die nun im Rahmen der Robert- Schumann-Wochen über uns kommt. Um ein „kulturhistorisches Gespräch über den Wald“, am Samstagabend in der Kunsthalle, ranken sich schon ab heute Liederabende, Vorträge und eine kleine Ausstellung romantischer Waldbilder: Im Walde kommen alle Künste zusammen, was wohl wiederum ganz im Sinne Schumanns gewesen wäre.

Damit das Thema aber nicht nur Blatt für Notenblatt hübsch dahinplätschert und —trällert, hat die federführende Hochschule für Künste auch einen wahrhaftigen Waldkundler zum Gespräch geladen. Der altgediente Freiburger Waldbau- Professor Schmidt-Vogt soll den Romantikforschern in der Diskussion „festen Grund“ verleihen. Das vorwiegend heiter-beschauliche Bild nämlich, wie es sich die Romantiker vom Wald nebst umliegender Natur machten, dürfte kaum dem tatsächlichen Zustand deutscher Forste entsprochen haben: Raubbau allenthalben, der Wald als Brennholz-Lieferant oder als Materiallager für den Grubenbau - auch daran, sagt Organisator Kurt Seibert, soll das Waldkolloquium erinnern.

Andreas Kreul, Kustos der Kunsthalle und ebenfalls Gesprächsteilnehmer, sieht in den liebreizenden Ideal-Landschaften der Romantiker denn auch eine Reaktion auf den real erlebten Naturverlust.

Es rauschen die Wipfel und schauern / Als machten zu dieser Stund' / Um die halbversunkenen Mauern / Die alten Götter die Rund' (Robert Schumann)

So will das Kolloquium auch den vielfältigen symbolischen Deutungen nachspüren, mit denen der Wald bedacht wurde: Der Wald als Ort der Lust und des idealen Vergnügens; der Wald als Religionsersatz; der Wald als unheimliche Wirkungsstätte finstrer Mächte; der Wald schließlich als deutsches Nationalsymbol und Bollwerk gegen den Feind.

Der deutsche Wald, das deutsche Herz, / Sie sind einander eng verwandt, / Wie Ahnungsschauer, Sehnsuchtsschmerz, / Wie Blätterfüll' und Blumentand

(Gustav Pfarrius)

Kurt Seibert hält die unsere Zeit zwar für geradezu „anti-romantisch“. Gleichviel: „Die Gefühlsklischees von damals sind nicht verloren“, sagt er; nur bedienen sich heuer nicht die Malerei oder Musik der schönen Waldsymbole, sondern z.B. die Werbung. Allein der Begriff „Romantik“, der sei durch Mißbrauch längst in Verruf geraten. tom

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