■ Vom Nachttisch geräumt: Jazz
Nein, kein Buch über Jazz, sondern Jazz-Geschichten. Kleine Anekdoten, zum Beispiel zum Thema Miles Davis und Ronald Reagan, aber auch Ergreifendes darüber, wie Louis Armstrong zur Musik kam und natürlich immer wieder Versuche, den Blues aufs Papier zu bringen, ihn in einer Geschichte nachzuerzählen, oder, wie bei Donald Barthelme, Dialoge klingen zu lassen, als seien sie eine Jam-Session. Eine wunderbare Sammlung von Jazz-Geschichten, herausgegeben von Konrad Heidkamp. Eine der schönsten Anthologien der letzten Jahre, dazu Heidkamps knappes Vorwort, das auch den Jazz-Resistentesten hineinzieht in the mood. Nicht jeder Beitrag ist großartig. Aber alle sagen sie etwas über die Schwierigkeiten, das Leben einzufangen mit ein paar Buchstaben. Alle mühen sich ab, etwas zu übersetzen aus der einen in die andere Erfahrung. Die einen tun es virtuos, fasziniert von dem einmal gefundenen Rhythmus; die anderen strengen sich an, treffen nie den richtigen Ton, geben es auf. Der Leser ist von beiden begeistert, weil er selten so sehr das Gefühl hat, dabei zu sein, wie Literatur entsteht. Die Verengung des Focus auf die Frage der Abbildung von Musik gibt jedem Text eine sonst nur selten anzutreffende Brillanz. Ganz egal, ob er von James Baldwin, Jack Kerouac, Charles Mingus, Billie Holiday oder Duke Ellington stammt. Eine literarische Anthologie, die daran erinnert, daß wer nur etwas von Literatur versteht, auch diese nicht versteht.
In the mood — Jazzgeschichten. Hrsg. von Konrad Heidkamp, Luchterhand-Literaturverlag, 267Seiten, 19,80DM.
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