piwik no script img

Japans Frauen sitzen am Hebel

■ Wegen der Affäre mit einer Bardame mußte japanischer Kabinettssekretär der bisherigen Umweltministerin Moriyama Platz machen / Nur die Geishas haben noch einen Ruf zu verspielen

Tokio/Berlin (afp/ap/taz) - Noch ein Sex-Skandal und die Altherrenriege der regierenden japanischen Liberaldemokratischen Partei ist aufgemischt. Erwischt hatte es diesmal den 69jährigen Kabinettssekretär Yasmashita, der nicht mehr umhin konnte, eine Affäre mit einer 21jährigen Büroangestellten und nebenberuflichen Bardame zu gestehen. Gestern mußte er seinen Rücktritt anmelden.

Nun soll eine Frau das Amt übernehmen. Der 61jährigen bisherigen Umweltministerin des neuen Kaifu-Kabinetts obliegt es fortan, das Vertrauen der Frauen zurückgewinnen. Als Kabinettssekretärin, Regierungssprecherin und rechte Hand des Ministerpräsidenten wird mit Frau Moriyama erstmals in der politischen Geschichte des Landes eine Frau ein solch hohes Amt bekleiden. Sie spricht fließend Englisch, leitete 1985 die japanische Delegation bei der UN-Frauenkonferenz in Nairobi und soll der First Lady der erfolgreichen Sozialisten, Doi, alle Konkurrenz machen.

Der gute Ruf konservativer Politiker ist nach mehrmaligem skandalbedingtem Politikeraustausch verspielt. Das derzeitige Kabinett unter Kaifu ist nämlich bereits die dritte Regierung der krisengeschüttelten Liberaldemokratischen Partei in diesem Jahr. Die Rücktrittsfrage, wird zunehmend als Privatentscheidung der betroffenen Politiker gehandelt, während Zeitungen öffentlich machen, was bis dato zuweilen zwar auf Firmenspesen machbar, jedoch kein Thema war.

40.000 Mark Schweigegeld habe Yamashita der jungen Dame bezahlen wollen, als am 3. August bekannt wurde, daß er für das Regierungsamt im Gespräch gewesen sei. Die Ex-Geliebte besann sich nach 14 Tagen eines besseren, zahlte das Geld zurück und wandte sich mit der vier Jahre zurückliegenden Affäre an die dankbare Presse.

Sorge machen sich unterdessen die Mätressen. Aus dem Berufsstand der Geishas werden Stimmen laut, die sich von den plauderfreudigen „Callgirls“ abzugrenzen suchen.

Jahrhundertelang waren Geishas mit ihren kunstvollen Kimonos und dem lackschwarzen hochgesteckten Haar Sinnbild japanischer Kultur. Heute pflegen immer wenigere die hohe Kunst der Diskretion.

sl

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen