■ Scheibengericht: Ivo Pogorelich
Mussorgsky: „Pictures of an Exhibition“, Ravel: „Valses nobles et sentimentales“ (DG)
Ein Museum ist kein Exerzierplatz, und eine Ausstellungshalle wird man wohl kaum im Stechschritt durchqueren. Pogorelich nimmt sich bei den „Bildern einer Ausstellung“ am Klavier sehr viel Zeit. Die „Promenades“, also die Wege von einem Bild zum nächsten, sind fast das Interessanteste an der Interpretation. Während die einleitende Promenade, die noch vor dem ersten Bild steht, brachial und plakativ ausfällt, drücken andere Nachdenklichkeit, das Nachwirken, Verwirrung, Zögern oder einfach zielloses Umherschlendern aus, bevor ein anderes Bild manchmal sehr abrupt die Aufmerksamkeit auf sich zieht.
Dies macht rückwirkend auch den etwas ruppigen ersten Auftritt plausibel. Daß die eine oder andere Vortragsbezeichnung Mussorgskis dabei auf der Strecke bleibt: Schwamm drüber. Die Bilder selbst fallen ebenso unterschiedlich aus wie die Originale des Malers Hartmann, die die Inspirationsquelle Mussorgskis für diesen Zyklus waren. Harte Anschlagsfarbe bis an die Schmerzgrenze bei „Bydlo“ (Der „Ochsenkarren“ zeigt schließlich auch kein Mondschein-Rendezvous, sondern sollte damals an die Ausbeutung russischer Landarbeiter erinnern) bis hin zu behutsamer Klangabstufung in „Con mortuis in lingua mortua“.
Bei Ravels impressionistischen Valses nimmt Pogorelich seine extremen Ansichten etwas zurück und läßt eine irrlichterhafte Glitzerwelt entstehen, bei der behutsam jegliche Erdenschwere einer Dreivierteltakt-Seligkeit verleugnet wird.
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