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Italiens kleine Parteien suchen einen Pool

Drohende Prozentklauseln lassen nichtideologische Gruppen zusammenrücken / Mitglieder des Pools liegen politisch weit auseinander  ■  Aus Rom Werner Raith

Die Idee schwebt schon seit Jahren im Raum, doch erstmals der Kongreß der italienischen Liberalen Partei (PLI) in dieser Woche scheint die Gedankenspiele in konkretere Strategien umsetzen zu wollen: die Schaffung eines „Pools“ aus den sogenannten „laizistischen“, den nichtideologischen Parteien und Gruppen - also den Republikanern (derzeit 3,5 %), den Liberalen (1,8 %), den Radikalen (1,8 %), den Grünen (2,4 %), den Sozialdemokraten (1,5 %). Grund für die Konkretisierung ist die immer unverhülltere Absicht der „Großen“ in der Regierung - Christdemokraten (34 %) und Sozialisten (14 %) - unter Billigung der oppositionellen kommunistischen Partei mit Hilfe von Sperrklauseln die kleinen Parteien vom Parlament auszuschließen und deren Wählerstamm unter sich aufzuteilen. Durch diese Pläne sehen sich die kleinen Parteien vor die Existenzfrage gestellt.

Daß dem Kongreß der Liberalen hier eine entscheidende Funktion zukommt, hängt damit zusammen, daß die Mitglieder des „Pools“ politisch weit auseinanderliegen: die industriehörigen Republikaner (gesponsert von der Fiat -Familie Agnelli), die in sich gespaltenen Sozialdemokraten, die immer auf spektakuläre Aktionen ausgehenden, vor allem für Menschenrechtsfragen eintretenden Radikalen, die industrieabgeneigten Grünen - und die zwischen nationalkonservativ und Laissez-faire liberal schaukelnden Liberalen, die derzeit in der Regierung den Verteidigungsminister stellen - Valerio Zanone, der vorher das Industrieressort geleitet und dabei keinen Konflikt mit den Grünen ausgelassen hatte. So sind es vor allem die Liberalen, die den Weg für den „Pool“ freigeben müssen.

In eine Zerreißprobe, sollte sich PLI-Chef Renato Altissimo mit der „Pool„-Idee in seiner Partei durchsetzen, dürften vor allem die Grünen geraten. Sie sind derzeit die einzige Gruppe im Parlament, die bei allen Wahlen kräftig zulegt, und nach allen Prognosen könnten sie wohl auch alleine eine Fünf-Prozent-Hürde überwinden. Gleichzeitig schwelt bei ihnen noch immer der Konflikt, ob sie sich auch künftig ausschließlich als das parlamentarische Standbein der Öko -Bewegungen sehen oder aber zu einer regelrechten Partei werden wollen. Dies wiederum wäre eine der Voraussetzungen für den Eintritt in den „Pool“. Und den Republikanern wollte bis vor kurzem sowieso keiner der Umweltschützer die Hand reichen, zu sehr sind sie mit den Interessen der ökofeindlichen Autoindustrie verbunden.

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