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Ist das nicht Heuchelei?

■ betr.: „Die Befreier von Lima waren die Henker“, „Kultur der Gewalt“, taz vom 25.4. 97

Schade nur, daß die klaren Worte in den deutschen Medien erst jetzt kommen, nach der extralegalen Hinrichtung der 14 Geiselnehmer. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die legitimen Forderungen der MRTA (Verbesserung der Haftbedingungen) – nachdem sie zunächst ignoriert wurden – reichlich spät aufgegriffen werden. Ist das nicht Heuchelei? Den Toten und auch den Inhaftierten kann man ja jetzt nicht mehr helfen. Hätte die militärische Lösung nicht durch entsprechenden Druck auf die peruanische Troika (Fuji, seinen obskuren Berater Montesinos und den militärischen Oberbefehlshaber Hermosa) vermieden werden können? Indem man etwa die Haftbedingungen (nicht nur der „Terroristen“) zum Thema gemacht hätte. Das ist ja nicht der einzige Völkerrechtsverstoß dieser peruanischen Regierung.

Neben der Souveränitätsverletzung Japans (Stürmung der Botschaft ohne Zustimmung) sind auch extralegale Hinrichtungen völkerrechtlich verboten. Ergebnis der Aktion (neben den Toten): Fujumoris Popularität steigt vom Keller (38 Prozent) in die Höhe (67 Prozent), und seine Wiederwahl scheint gesichert (Umfrage Apoyo S.A.). Die Straflosigkeit der Hinrichter ist gesichert: Das Botschaftsgelände wurde zum Ausnahmegebiet erklärt, und damit ist die Militärgerichtsbarkeit zuständig.

Nur: MRTA wird sich sammeln, neue Kämpfer rekrutieren (jetzt erst recht und solange die sozialen Probleme nicht gelöst sind) und wieder zuschlagen, vielleicht erst, wenn Fuji nicht mehr Präsident ist. Nichtstaatlicher Terrorismus wird eben nicht durch Staatsterrorismus beseitigt. Kai Ambos, wiss. Referent für

internationales Strafrecht und

Hispanoamerika, Uni Freiburg

[...] Fujimori hat gegenüber der „Öffentlichkeit“ sein Gesicht gewahrt, den Rebellen nicht nachgegeben und sie statt dessen umbringen lassen. Eine Anklage vor dem Internationalen Gerichtshof muß der Präsident nicht fürchten. Was in der Tierwelt der Krähen gilt, gilt nämlich erst recht in der Diplomatenwelt. [...]

Jetzt, wo die Geiseln von den Terroristen befreit sind, wäre es eigentlich an der Zeit, Peru von den Terroristen Fujimori und seinen Berufskillern zu befreien. Denn der graue Terrorismus, aus neoliberalem Wirtschaftsinteresse und Staatsgewalt, ist weitaus gefährlicher als die Menschen, die sich dagegen wehren und für soziale Gerechtigkeit einsetzen. Dieter Weis, Estenfeld

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