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Iss die Banane, Schalke-Fan!

„Wir tun noch mit“: Nach dem 3:0-Sieg gegen Kaiserlautern biwakiert Schalke weiter in dünner Tabellenluft. Besonnenheit und Disziplin fordert Trainer Stevens von Spielern und Fans am Anstieg

aus Gelsenkirchen HOLGER PAULER

Die von allen erwartete Treterei blieb aus. Von Schalker Seite wurde alles getan, dem zum Hassgipfel hochstilisierten Spiel die Schärfe zu nehmen. Die unrühmliche Vorgeschichte zum Spiel Schalke gegen Kaiserslautern wurde im Vorfeld ausgeblendet. Rudi Assauer befahl, sich doch gefälligst auf das Spiel mit dem Ball zu konzentrieren. „Sportliche Rivalität ist in Ordnung, nur solche Dinge wie zuletzt die Bananenwürfe gegen Oliver Kahn gefallen mir nicht“, appellierte der Manager an Mannschaft und Fans.

Diejenigen, die sich nicht an die Anweisungen des Managers halten wollten, bekamen schnell den Zorn von Trainer Huub Stevens zu spüren. Vor allem Jörg Böhme musste sich dabei vorgekommen sein wie im falschen Trikot. Nach einem Zweikampf mit dem Lauterer Thomas Riedl wurde Böhme Zeuge des Gerechtigkeitsfanatismus seines Trainers. Erst ermahnte Stevens den Pfälzer Ratinho zur Disziplin, ehe er kurz darauf seinen Linksfuß zusammenfaltete und damit drohte, ihn sofort auszuwechseln. Sven Vermant durfte sich schon einmal warm laufen. „Jörg hat Hektik reingebracht, das ist für unser Spiel nicht förderlich“, unterstützte Manager Rudi Assauer seinen Trainer.

Es blieb übrigens bei der Drohung. Nach 15 Minuten und einigen Ermahnungen durch Schiedsrichter Jürgen Aust war es schnell vorbei mit der Hektik. Die Mannschaften beschränkten sich auf das Wesentliche. Zumindest versuchten sie es. Doch was die beiden Champions-League-Anwärter in der ersten Halbzeit ablieferten, war Fußball zum Abgewöhnen. Schalke kontrollierte das Spiel, ohne je wirklich in die Nähe des gegnerischen Strafraums zu kommen, und die ersatzgeschwächten Lauterer (ohne Klose und Basler) zogen sich in die eigene Hälfte zurück und warteten auf Konter – vergebens. Keine Zweikämpfe mehr, keine Torchancen, kaum gelungene Spielzüge, jetzt fehlten nur noch Kaffee und Kuchen, um die Zuschauer endgültig ruhig zu stellen.

Dass mit dem Halbzeitpfiff dann doch noch die Führung fiel, hatten die Schalker und vor allem Torschütze Marc Wilmots der tatenlos verharrenden Lauterer Abwehr zu verdanken. Scheinbar sensibilisiert durch das Auftreten der Schalker Führungsetage ließen sie Wilmots im eigenen Strafraum unbedrängt zum Kopfball kommen. Kein Halten, noch nicht einmal Körperkontakt. Selbst Torhüter Georg Koch sprang elegant am Ball vorbei. So als wollten er und seine Kollegen darlegen: „Seht her, wir müssen nicht treten, wir können auch anders.“

Vor allem aber können sie verlieren. Andi Möller, der sich bei seinem wunderschönen Schlenzer aus 16 Metern die Ecke in Ruhe aussuchen konnte, und Victor Agali mit einem Kopfball aus fünf Metern bedankten sich für die Freiheiten und machten in der zweiten Hälfte den ungefährdeten Sieg perfekt.

Für Kaiserslautern geht es nach der vierten Auswärtspleite in Folge nur noch darum, den sechsten Platz, der durch das Pokalendspiel Schalke-Leverkusen in diesem Jahr wohl zum Uefa-Cup reicht, nach unten abzusichern. Dazu müssten sie in der nächsten Woche mit Leverkusen allerdings auch mal etwas tun, was ihnen in dieser Saison noch nicht gelungen ist: eines der Top-Five-Teams besiegen. Auf Schalke dagegen können sie sich in diesem Jahr wieder höhere Ziele stecken. Torhüter Oliver Reck gibt sich selbstbewusst: „Unser Ziel Europapokal haben wir so gut wie erreicht, jetzt ist vielleicht sogar die Champions League möglich.“ Oder doch die Meisterschaft, wie Huub Stevens – „wir tun noch mit“ – hinterher etwas andeutete?

Das oberste Ziel des Spieltages jedenfalls scheinen Assauer und Stevens vor allem durch ihre erzieherischen Maßnahmen erreicht zu haben. Fanausschreitungen, wie noch zuletzt im Spiel gegen die Bayern, blieben aus. „Unsere Fans müssen sich weiter fair verhalten, nur so können wir Fangzäune verhindern“, hofft Rudi Assauer weiter auf freie Sicht für die Fans in der Nordkurve. Und wir dachten schon, es ginge ihm einzig und allein um das Fairplay.

FC Schalke 04: Reck - Hajto, Waldoch, van Kerckhoven - Oude Kamphuis - Asamoah (85. Djordjevic), Wilmots (83. Vermant), Möller, Böhme (88. Büskens) - Agali, Sand 1. FC Kaiserslautern: Georg Koch - Ramzy, Hengen, Knavs - Riedl, Ratinho (63. Pettersson), Bjelica, Hristow, Strasser (80. Gabriel) - Lincoln - Lokvenc Zuschauer: 60.683 (ausverkauft), Tore: 1:0 Wilmots (45.), 2:0 Möller (59.), 3:0 Agali (81.)

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