piwik no script img

Israel wartet auf militärischen Schlag

■ Die israelische Regierung hält eine militärische Konfrontation für notwendig

Wenn UN-Generalsekretär Perez de Cuellar morgen zu Vermittlungsgesprächen in Amman eintrifft, wird er im benachbarten Israel auf tiefe Skepsis bis offene Ablehnung stoßen. Die Regierung Schamir ist strikt gegen diplomatische Schlichtungsversuche und wartet eigentlich seit Beginn der Golfkrise auf einen koordinierten militärischen Schlag gegen Saddam Hussein. Erst am Sonntag unterrichtete der israelische Geheimdienst das Kabinett über ihre Informationslage mit dem Ergebnis, daß Schamir öffentlich verkündete, er halte eine militärische Auseinandersetzung zwischen USA und Irak für „fast sicher“. Das, zumindestens auch die israelische Luftwaffe mit aktiv würde, wird nicht ausgeschlossen - die US-Presse berichtete bereits über konkrte Pläne nach denen die israelische Luftwaffe die Aufgabe hätte, die irakischen Raketenbasen zu vernichten.

Der entscheidende Grund für das israelische Drängen auf eine schnelle militärische Konfrontation ergibt sich aus der Befürchtung, daß, je länger der Konflikt andauert, der Druck auf Israel zunehmen wird, Konzessionen an die neuen arabischen Bundesgenossen der USA zu machen. Israels Botschafter in Washington, Arad, berichtete in der letzten Woche nach Jerusalem, man müsse davon ausgehen, daß die enge amerikanische Zusammenarbeit mit Ägypten und vor allen Dingen Syrien notwendig dazu führen muß, daß Israel dazu gedrängt wird, Zugeständnisse im Palästina-Konflikt zu machen. Washington sei zwar zur Zeit überaus zufrieden mit der zurückhaltenden Pose Israels, die den Aufbau einer arabische Front gegen Irak erleichtert habe - aber die wahrscheinliche Entwicklung bei einem länger anhaltenden Konflikt könnte Israels Palästinenser-Politik ernstlich bedrohen.

Auch langfristig fürchtet die israelische Regierung um die bisherige Rolle des Staates im Nahen Osten. Das neue Klima in den Vereinten Nationen, die neuen Beziehungen zwischen den USA und den arabischen Verbündeten, und nicht zuletzt die Zusammenarbeit zwischen den USA und der Sowjetunion, stellen eine potentielle Bedrohung der strategischen Bedeutung Israels für die USA dar. Israels strategisch -politische Bedeutung so fürchtet man in Jerusalem, ist schon jetzt nicht mehr dieselbe wie sie früher war. Da es Jerusalem schwerfällt, sich auf eine veränderte Situation einzustellen, dominieren in der Öffentlichkeit Vorschläge, den status quo ante militärisch wiederherzustellen.

Reservegeneral Avigdor Bengal, ehemaliger Komandant der israelischen Nordfront, riet den USA via israelischen Rundfunk, endlich mit „sauberen“ taktischen Atomwaffen anzugreifen, um so die irakische Luftwaffe, die Panzerdivisionen und die gesamte militärische Infrastruktur zu vernichten. Nur Nuklearwaffen, so der General, würden es ermöglichen „Regimes des Wahnsinns“ wie den Irak zu vernichten. Auch der Kommentator der größten israelischen Tageszeitung 'Haarez‘, Joel Markus, forderte in der gestrigen Ausgabe, daß die USA jetzt „im Namen der freien Welt“ militärisch zuschlagen. Die Entscheidung liege ausschließlich bei den USA. „Amerika muß hart, schnell und bis zu Ende zuschlagen. Sonst verwandelt sich der Golfschläger des Präsidenten Bush in einen chamberlainschen Regenschirm.“

Amos Wollin

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen