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Israel und die PLO verhandeln in Kairo

Streit um Rückzug israelischer Truppen aus dem Gaza-Streifen / Jüdische Siedler und rechte Oppositionsparteien verlangen den Abbruch aller Kontakte mit der PLO  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

In Reaktion auf die Erschießung eines Siedlers aus dem Gaza- Streifen auf der Fahrt nach Hebron haben erneut Hunderte von israelischen Siedlern in der Westbank, dem Gaza-Streifen und in Jerusalem militante Protestaktionen durchgeführt. Dabei wurden allein im Gaza-Streifen mehr als 30 Palästinenser verletzt, einige davon schwer; in der Umgebung von Hebron (Westbank) wurden sechs weitere Palästinenser zumeist durch Schußwaffen verletzt. Darüber hinaus wurde erheblicher Sachschaden verursacht. Zahlreiche Autos von Palästinensern wurden abgebrannt oder durch Steinwürfe beschädigt. In vielen Fällen wurden die Insassen der Autos von bewaffneten Siedlern aus ihren Fahrzeugen gezerrt und verprügelt. Außerdem wurden landwirtschaftliche Einrichtungen wie zum Beispiel Gewächshäuser zerstört.

Gestern in den frühen Morgenstunden blockierten Siedler auch etwa 50 Straßen, die aus den besetzten Gebieten nach Israel führen, und verhinderten damit, daß palästinensische Tagelöhner rechtzeitig an ihrem Arbeitsplatz in Israel erschienen.

Die israelischen Militärbehörden verhängten ein Ausgangsverbot für die palästinensische Bevölkerung in Hebron und erklärte Teile des Gaza-Streifens zu „militärischen Sperrzonen“.

In Jerusalem demonstrierten nach dem Begräbnis des erschossenen Sielders Hunderte von aufgeregten Siedlern und versuchten, in die Nähe der Residenz des Ministerpräsidenten vorzudringen. Dabei kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei, einige Demonstranten wurden verletzt, andere vorübergehend festgenommen. Rabin wurde als „Verbrecher“ beschimpft und beschuldigt, „Terroristen zu hätscheln“. Rechte und rechts-religiöse Oppositionsparteien verlangten den sofortigen Abbruch aller Kontakte mit der PLO. In der Knesset kamen dringende Mißtrauensanträge einiger Oppositionsfraktionen zur Diskussion, konnten aber durch die Regierungskoalition abgewiesen werden.

Ungeachtet dieser Auseinandersetzungen wurden gestern die am vergangenen Mittwoch abgebrochenen Verhandlungen in Taba über die Bedingungen der Übernahme des Gaza-Streifens durch die Palästinenser in Kairo wieder aufgenommen. Journalisten werden diesmal von dem geheimgehaltenen Tagungsort ferngehalten. In Taba hatten Mitglieder der palästinensischen Delegation ihren Standpunkt in den Verhandlungen bei verschiedenen Gelegenheiten an Journalisten weitergegeben. Dies soll nun verhindert werden.

Auf der Tagesordnung steht nach wie vor die umstrittene Frage der weiteren Präsenz israelischer Truppenverbände im Gaza-Streifen – auch nach deren anvisiertem Rückzug. Israelischerseits wird gedroht, daß es zu einem Aufschub der Durchführung des gesamten Autonomieplans kommen wird, falls die Palästinenser weiterhin die von Israel gestellten Bedingungen nicht akzeptiert. Demgegenüber beklagte der palästinensische Delegationsleiter Nabil Shaat, daß Israel nicht beabsichtigt, seine Truppen aus dem Gaza-Streifen zurückzuziehen, sondern diese lediglich innerhalb des Gebiets neu gruppieren wolle. Diese Kontroverse hatte zum Abbruch der Taba-Gespräche geführt.

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