piwik no script img

Israel fürchtet Rache des Dschihad

Israels Militär ist nach der Ermordung des Führers des „Islamischen Dschihad“ in Alarmbereitschaft. Hinter dem Anschlag auf Malta steht vermutlich Israels Geheimdienst Mossad  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Zwar hat es die israelische Regierung nicht offiziell bestätigt, aber kaum jemand hat echte Zweifel daran, daß es der israelische Auslandsgeheimdienst Mossad war, der den Führer des „Islamischen Dschihad“, Fathi Schakaki, am vergangenen Donnerstag in Malta per Kopfschuß tötete. Das hatten der israelische Rundfunk und das Fernsehen schon am Samstag unter Berufung auf Geheimdienstquellen berichtet.

Und Trauer war es nicht gerade, die auf israelischer Seite zu vernehmen war: Er finde den Tod Schakakis „wirklich nicht bedauerlich“, sagte etwa Regierungschef Jitzhak Rabin und erklärte lapidar: „Wer sich mit Mord beschäftigt, muß mit seiner Ermordung rechnen.“ Schakaki, dessen Dschihad sich unter anderem zu den Anschlägen von Beit Lid und Kfar Darom bekannt hatte, bei denen in diesem Jahr 29 Menschen getötet worden waren, sei sicher niemand, „dessen Existenz eine zivilisierte Gesellschaft dulden kann“, sagte Rabin.

Auswirkungen auf den Friedensprozeß zwischen Palästinensern und Israel werde der Tod Schakakis nicht haben: Er sehe nicht, sagte Israels Außenminister Schimon Peres, wie die Tatsache, daß es einen Mörder weniger gebe, den Friedensprozeß berühren könne.

Die Palästinensische Befreiungsorganisation PLO appellierte an den Dschihad, auf Racheakte zu verzichten. Diese würden Israel lediglich einen Vorwand liefern, die Ausweitung der palästinensischen Autonomie im Westjordanland zu verzögern.

Daß der Dschihad stillhält, ist jedoch recht unwahrscheinlich. In einem Dschihad-Flugblatt, das im Gaza-Streifen verteilt wurde, wo die Organisation einige hundert Anhänger und Aktivisten hat, heißt es: „Die zionistischen Mörder können sicher sein, ... daß dieses gemeine Verbrechen jeden Zionisten auf der Erde zum Ziel unserer Rache macht.“ In einem weiteren Flugblatt hieß es, der aus den besetzten Gebieten stammende Ramadan Abdallah sei bereits zum Nachfolger des ermordeten Dschihad-Chefs gewählt worden. Im Gaza-Streifen und im Westjordanland wurde die Armee aus Angst vor Racheakten in Alarmbereitschaft versetzt.

In Hebron, in Bethlehem und in anderen Städten des Westjordanlandes blieben aus Protest gegen die Ermordung Schakakis zahlreiche Geschäfte geschlossen. In den Straßen Hebrons kam es zu Zusammenstößen zwischen Besatzungstruppen und jungen palästinensischen Demonstranten. In den Moscheen von Gaza fanden Trauerversammlungen statt. Die palästinensische Selbstverwaltungsbehörde in Gaza forderte alle islamischen Organisationen auf, sich aller Racheakte zu enthalten.

Die Ermordung Schakakis in Malta war am Samstag bekannt geworden. Schakaki habe sich, hieß es aus Dschihad-Kreisen, auf dem Rückweg aus Libyen befunden, wo er versucht habe, Staatschef Muammar Gaddafi von der Ausweisung von Palästinensern aus Libyen abzubringen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen