: Islamisten säubern Internet
Nur noch belanglose Kurzinfos auf der Homepage der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs. Andere Internetseiten ganz abgeschaltet oder nur noch in Arabisch
BERLIN taz ■ Das Interesse an Informationen über die Islamische Gemeinschaft – Milli Görüs (IGMG), der Auslandsorganisation des türkischen Islamistenführeres Necmettin Erbakan, wächst. Seit die Bundesregierung am vergangenen Mittwoch die Abschaffung des Religionsprivileg beschlossen hat, steht die Frage im Raum: Was bedeutet dies für die Existenz der einflussreichsten Organisation des politischen Islam in Deutschland?
Die in Kerpen ansässige Organisation, die der Bundesregierung noch vor einer Woche ein „Sicherheitsbündnis“ anbot und nach eigenen Angaben viel Wert auf den Dialog legt, reagierte nun auf ihre Weise. Seit dem Wochenende präsentiert sie eine gesäuberte Homepage (www.igmg.de) – geschichtslos, unpolitisch und wortkarg. Drei Presseerklärungen, verfasst nach dem 11. September, drei Sätze zur Entstehungsgeschichte und ein paar Kurzstatements zu Integration, Demokratie, Gewalt, der Gleichstellung von Mann und Frau sowie zum islamischen Religionsunterricht, das muss nach Ansicht der Betreiber reichen, um sich ein Bild von Milli Görus zu machen.
Und was fehlt im Vergleich zur Vergangenheit? Die von der IGMG veröffentlichten Presseerklärungen vor dem 11. September, die Selbstdarstellung über Entstehungsgeschichte, Mitgliedszahlen, Ziele und Inhalte der europaweit agierenden Organisation. Gleichzeitig wurden sämtliche türkischsprachigen Aufsätze und Berichte über Versammlungen gelöscht, die zum Beispiel Aufschlüsse über die Verbindung der IGMG zu Necmettin Erbakan geliefert hatten.
Auch andere Internetbetreiber werden vorsichtiger. So gibt es seitens des Muslim-Markts (www.muslim-markt.de) keinen Link mehr zu „Dschihad in Tschetschenien“. Einen Tag nachdem die taz am 14. 9. über die Homepage www.qoqaz.de berichtet hatte, schaltete der Provider die Seite ebenso ab wie den Link www.tevhid.de. Über beide Links gelangten Interessierte zu dem Dschihad-Portal und wurden darüber informiert, wo sie sich militärisch auf den Dschihad vorbereiten können. Inzwischen bietet www.qoqaz.com seinen Service nur noch in Arabischer an. Bereits vor einigen Wochen hat der Muslim-Markt seinen Link zu der von dem Exilmarokkaner Ahmed Rami betriebenen Homepage „Radio Islam“ (www.accb.com) gelöscht. Dies war erforderlich, nachdem die deutsche Öffentlichkeit erfahren hatte, dass auf dieser Homepage europäische und arabische Antisemiten übelste Hetze betreiben.
EBERHARD SEIDEL
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