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Archiv-Artikel

„Irritierend, nicht links“

Olaf Scholz über eine Linke, die rechtskompatibel ist

taz: Herr Scholz, gerade gründet sich die neue Linkspartei aus PDS und WASG. Plötzlich viel Gedrängel auf der Linken, was?

Olaf Scholz: Wir fühlen uns nicht bedrängt. Es gibt nur eine Partei des Sozialstaats – und das sind die Sozialdemokraten.

Partei des Sozialstaats? Ist das jetzt Ihre Links-Definition?

Das ist ja nicht wenig, wenn Sie sehen, wie hart Union und FDP den Sozialstaat angehen. Wir von der SPD stehen dafür, die soziale Demokratie in Deutschland auch in Zeiten von Globalisierung und alternder Gesellschaft zukunftsfest zu machen. Das ist auch der grundsätzliche Wettbewerb, den wir bei der Bundestagswahl austragen – und nicht Pseudoalternativen, die halblinks aufgebaut werden.

Trotzdem gibt es nun ein neues Angebot. Welches Potenzial hat die Linkspartei – mit Gregor Gysi und Oskar Lafontaine?

Kein besonderes. Die PDS hat ihre sehr traditionelle, um nicht zu sagen: konservative Klientel. Und in Westdeutschland versuchen sich ein paar Leute zusammenzuraufen, die seit Jahren in der Szene herumgeistern. Da sind sehr erfahrene Parteigründer dabei – und Parteizerleger. Ich kann die Reserviertheit manches PDSlers gut verstehen. Selbst Gysi und Lafontaine haben ja bewiesen, wie schnell sie in die Büsche fliehen.

SPD-Chef Müntefering nimmt das ernster als Sie. Also: Hat die SPD Furcht vor der Linkspartei? Oder freut sie sich klammheimlich auf einen neuen Koalitionspartner?

Weder das eine noch das andere. Versuche, links von uns dauerhaft etwas zu etablieren, hat es immer wieder in der langen Geschichte der Sozialdemokratie gegeben – erfolglos.

Ist die PDS-WASG-Kombination eigentlich links?

Ich finde die eher irritierend als links. Vieles von dem, was die wollen, kann man auch auf der entgegengesetzten Seite des politischen Spektrums sehen …

ganz rechts?

Ja, nehmen Sie die krude Kritik an der Arbeitsvermittlungsreform, wie sie sich auch auf der NPD-Homepage findet. Ich will das keinem Einzelnen zum Vorwurf machen, der mit lauteren Motiven bei der Sache ist. Aber unser sozialdemokratischer Weg ist sicher der richtigere.

Oder waghalsigere. Die SPD will sich nach Schröder weiter links aufstellen. Und vorher züchtet sie sich noch schnell eine organisierte Linke heran.

Wir züchten gar nichts heran. Die PDS existiert seit langem, und sie hat eine noch viele längere, sehr spezielle Tradition.

Die SPD ja auch. Man hat den Eindruck, Ihre Partei zerlegt sich mal wieder selbst.

Ach was. Richtig ist, dass wir uns auf einen mühseligen Weg gemacht haben.

INTERVIEW: CHRISTIAN FÜLLER