: Irmgard Keun-betr.: "Circe,Chronistin,Ertrinkende", taz vom 29.10.88
betr.: „Circe, Chronistin, Ertrinkende“, taz vom 29.10.88
Als gelegentlicher Leser der taz habe ich mit Befremden den zänkischen, ja harpyienhaft geschriebenen Artikel der Ursula Krechel zur Kenntnis genommen. Hat die Person selbst einmal Irmgard Keun herausgeben wollen? Das hätte die Redaktion doch prüfen müssen.
Klaus Schröter, Hamburg 20
In welchem Buch sind die bloß abgedruckt, die „frischen, lebendigen Briefe der Keun, die kleinen, aus dem täglichen Faschismus und den Emigrationswirren aufgelesenen Studien“, wie Krechel schreibt? Nicht in dem rezensierten jedenfalls. Das enthält vielmehr eine Sammlung von Studienbeispielen für flott geschriebene Bittbriefe um Geld. Wenig politische, eher monomanische Briefe, bisweilen lustig, originell und fast immer hübsch verlogen.
Es hilft nichts: Irmgard Keun war nicht die Widerstandsheldin, als die Krechel sie gerne sehen will. Irmgard Keun war vor allem mit sich selbst beschäftigt, das bezeugen auch ihre autobiografisch gefärbten Romane. Gabriele Kreis hat dies belegt. Ursula Krechel will es wohl nicht wissen. Ihre im einzelnen leicht zu widerlegende Kritik ist noch dazu schlecht geschrieben und voller Stilblüten („Die Schlupflöcher der Fluchtgefühle blieben offen“). Wo war die zuständige Redakteurin? (...)
Johanna Müller, Hamburg
(...) Da versucht eine Rezensentin, sich selbst als bessere Keun-Kennerin dazustellen, indem sie die Arbeit der Herausgeberin Gabriele Kreis heruntermacht. Dazu greift sie nach dem altbewährten Mitel der Diskriminierung. „Eigenmächtigkeiten“, „Eitelkeiten“ und „Schlampigkeiten“ unterstellt Ursula Krechel der Herausgeberin und bietet außerdem ein ganzes Kompendium an herabsetzenden Zuschreibungen auf, für die sie nachprüfbare Fakten und Kriterien schuldig bleibt. Trotz aller Bemühungen, ihr „Hintergrundwissen“ auszubreiten, gelingt es Ursula Krechel nicht, der so beleidigend titulierten Gabriele Kreis auch nur einen einzigen Fehler nachzuweisen. Doch egal, wie die Herausgeberin vorgeht - „falsch“ ist es unter dem höhnischen Blick der Rezensentin allemal. Erklärt Gabriele Kreis an einer Stelle etwas, ist es laut Krechel „ohne Belang„; tut sie es nicht, wäre es „dringend notwendig gewesen“. Nennt Gabriele Kreis Quellen und Namen, hätte sie laut Krechel andere wählen sollen. Und wenn die Herausgeberin Briefstellen mit Romanzitaten belegt, um deren autobiographischen Charakter herauszuarbeiten, ist es Ursula Krechel auch wieder nicht recht, weil damit angeblich Briefe und Romane „zerfleddert“ würden. Ein fatales Bewertungsraster, in dem nichts und niemand eine Chance hat außer ihr selbst, Ursula Krechel, hätte sie den Band herausgegeben. Und das will sie wohl mit all dem Gift auch sagen, mag dabei auch die Arbeit einer Kollegin diskreditiert werden. (...)
Lottemi Doormann, Hamburg 50
(...) Nach dem „gaskammervoll“ vom 17.10. haut nun am 29.10. auf der Frauenseite eine Rezensentin völlig unverhältnismäßig auf die Herausgeberin der Keun-Briefe ein. Selbst wenn alle Vorwürfe der Rezensentin stimmen würden (und ein genauerer Blick in das besprochene Buch hätten sie und die Redaktion davon überzeugen könne, daß die Vorwürfe entweder falsch, unterstellend, mäkelig oder Flüchtigkeitsfehler sind), ist dies keine Auseinandersetzung mit dem Buch, sondern eine Vernichtung der Person der Herausgeberin. Dahinter mag stecken was will, abe4r so unverantwortlich darf die Redaktion nicht sein, alles ungeprüft abzudrucken.(...)
Ann Anders, Frankfurt 1
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