spd wählt müller : Irgendwo in Iowa
Michael Müller ist neuer Chef der Berliner Sozialdemokraten, und wohl selten ging eine Vorstandswahl so leise, klaglos und uninspiriert über die Bühne wie die gestrige. Das liegt am neuen farblosen Landesvorsitzenden selbst, doch mehr noch an der Partei, die sich augenblicklich nichts sehnlicher wünscht, als einmal nicht in den Schlagzeilen zu stehen. Strieders Nachfolger wurde gewählt, als befinde man sich statt in Berlin irgendwo in Iowa: ohne Gegenkandidat, mit gutem Ergebnis und ohne Streit um Person und Positionen.
KOMMENTAR VON ROLF LAUTENSCHLÄGER
Versteht man den neuen Landeschef recht, wird nur „keine Kurskorrektur“ in der Berliner SPD stattfinden. Wir beschäftigen uns mehr oder weniger mit dem, was schon zu Zeiten des Vorsitzenden Strieder die SPD mehr oder weniger beschäftig hat, fordert Müller. Ausreißer hin zu den sozialen Begehrlichkeiten der Gewerkschaften werden nicht unternommen. Auch will der Tempelhofer Drucker dem Kiezfreund und Regierungschef Wowereit nicht in die Parade fahren. Geht es um die Finanz- oder Kulturpolitik im Senat, hält man sich doch insgesamt für recht erfolgreich in der Politik des Landes. Und schließlich geht es weiter Seit an Seit mit Müntefering und Schröder für die Umsetzung der Hartz-Konzepte und anderer aus der Giftliste der Agenda 2010.
Das ist konsequent und passt zu Müller, einem Mediator in den kleinen politischen Berliner Streitfragen. Die Rolle des Vermittlers in der Partei und nach draußen wird Müller aber verlassen müssen, geht es um Großes in der Politik und der Zukunft der eigenen Partei: nämlich um die Positionierung der SPD nach Schröder, die Landtagswahlen in Brandenburg und Berlin oder die Koalitionsaussagen. Dann ist Iowa nirgendwo.